Liegender Akt

Beschreibung

Das Bildthema von weiblichen Akten am Ofen ist mehrfach in Ernst Ludwig Kirchners künstlerischem Oeuvre in unterschiedlicher Mal- und Drucktechnik zu finden. So gibt es ähnliche Papierarbeiten – sogar aus demselben Entstehungsjahr 1914 – wie »Zwei Mädchen am Ofen«, für die Kirchner ebenfalls Bleistift und Aquarellfarben verwendet hat, was eine eindeutige Identifizierbarkeit in der Herkunftsrecherche dieser beidseitig bemalten Papierarbeit erschwert. Auf der Blattrückseite dieses Aquarells befindet sich eine Bleistiftzeichnung eines liegenden Aktes von 1915. Auf der Bildseite, die als Hauptansicht gilt, sitzt eins der Modelle auf einem Hocker in einer Seitenansicht, während uns das andere Modell frontal stehend zugewendet ist. Das rechte Bein hat es dabei grazil vor sich gestellt, der Blick ist gesenkt. Dadurch, dass Kirchner die gesamte Darstellung in ähnlicher Farbgebung ausgestaltet und keine vertiefenden Schattierungen eingesetzt hat, wirkt die gesamte Komposition flächig, gleichzeitig aber harmonisch und einheitlich.

Durch den umseitig angebrachten Stempelabdrucks des Kirchner-Nachlasses ist belegt, dass die Papierarbeit bis mindestens 1946 im Nachlass E. L. Kirchner in der Schweiz verbleibt, wo dieser durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kunstmuseum Basel inventarisiert wird. Aufgrund der Häufigkeit des Sujets ist nicht gesichert belegt, ob es sich um diese Papierarbeit handelt, die in der Ausstellung ERNST LUDWIG KIRCHNER. UNBEKANNTES AUS DEM SCHWEIZER NACHLASS in der Galerie Günther Franke in München vom 07.01. bis 28.02.1954 gezeigt und durch den Katalog ohne Abbildung, aber als Teil des Nachlasses und mit übereinstimmenden Bildmaßen unter dem Titel »Nackte Mädchen am Ofen« für DM 660,- gemäß Katalogliste zum Verkauf angeboten wird. Möglicherweise ist das einer der Zeitpunkte, an dem das Blatt veräußert wird. Gesichert ist, dass der Düsseldorfer Sammler Rüdiger von der Goltz (1894–1976) Leihgeber der Papierarbeit für die monografische Gedächtnisausstellung ERNST LUDWIG KIRCHNER, die im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen vom 09.09. bis 30.10.1960 stattfindet, gewesen ist und »Zwei Mädchen am Ofen« somit vor September 1960 erworben haben muss. Der Sammler Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) erwirbt die beidseitig bemalte Papierarbeit von Von der Goltz auf der Auktion 131 des Berner Auktionshauses Kornfeld & Klipstein als Los-Nr. 65.

Die Provenienz zwischen 1933 und 1946 ist rekonstruierbar und unbedenklich, so dass ein NS-verfolgungsbedingter Hintergrund ausgeschlossen werden kann. Wir freuen uns über weiterführende Auskünfte zum Verbleib der Zeichnung zwischen 1946 und 1969.

JL

19.04.2024