Karl Röhrig (1886–1972)
Karl Röhrig wird am 27. Januar 1886 im thüringischen Eisfeld an der Werra geboren, das zum Herzogtum Sachsen-Meiningen gehörte. Sein Vater Bernhard ist Weißgerber und seine Mutter Agathe, geb. König, ist als Gärtnerin beschäftigt. Nach seinem Schulabschluss beginnt Röhrig eine Lehre in der Modellier- und Zeichenschule von Carl Rommel (Lebensdaten unbekannt), lernt dann an der Industrie-Schule Sonneberg und arbeitet anschließend als Modelleur in verschiedenen Porzellanfabriken wie der Firma Hutschenreuther. Wissbegierig studiert er ab 1909 an der Königlich Sächsischen Kunstgewerbeschule in Dresden, bevor er 1911 nach München umzieht, um sein Studium an der Königlichen Kunstgewerbeschule München fortzusetzen. Zum 31. Oktober 1911 wechselt er an die Münchner Kunstakademie, wo er Schüler in der Klasse des Bildhauers Erwin Kurz (1857‒1931), einem Schüler Adolf von Hildebrands, wird. 1914 wird Röhrig als Soldat zum Kriegsdienst in die bayerische Infanterie eingezogen. Bis Kriegsende 1918 kämpft er in Frankreich und Russland. Im Nachlass haben sich zwei Tagebücher erhalten, in denen er zwischen 1919 und 1942 in knappen Tagesschilderungen, Kommentaren, kleinen Skizzen und Listen der gelesenen Bücher das Erlebte und seinen Alltag festhält. Aus diesen Einträgen ist ablesbar, wie sehr ihn die Kriegserlebnisse prägen und zu einer sozialistischen und antimilitaristischen Haltung führen. Er wünscht sich soziale Gerechtigkeit und kämpft zeitlebens um künstlerische Anerkennung und genügend Aufträge zum Broterwerb.
Nach dem Ersten Weltkrieg setzt Röhrig sein Studium in der Bildhauerklasse von Hermann Hahn (1886–1945) fort und beginnt ab 1926 als freier Bildhauer zu arbeiten. 1930 wird er Mitglied der Künstlervereinigung »Die Juryfreien« , wird drei Jahre später ihr Präsident, bevor die Vereinigung 1934 durch die Nationalsozialisten aufgelöst wird. Bereits 58-jährig wird er 1943 erneut zum Kriegsdienst eingezogen. 1945 kehrt er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft nach München zurück, wo er seine Wohnung und Atelier, darunter auch viele große Werke, durch einen Fliegerangriff zerstört auffindet. In seinem Antrag auf Ersatzleistung notiert er am 15.01.1946: »›Boxer‹ aus Gips (230cm) h. zerstört. 10000 Mark / Figur ›Besinnender Mann‹ Gips, Original 1,60h zerstört 5000 / Figur ›Rus. Mädchen‹, […], 1,40 h zerstört 4000 / Figur ›Holzträger‹ Eichenholz 1,40h zerstört 6000«. Inhaltlich dürfte sich die Skulptur »Mann mit Sack«, die sich als Bronzeguss im Sammlungsbestand des Buchheim Museums befindet, auf genau diese persönliche Erfahrung des »Heimkehrers«, auf den weder eine Familie noch ein Zuhause oder eine Zukunft warten, beziehen (Inv. 2.0644).
Röhrig muss sein Leben ab 1946 wieder neu aufbauen. Es entstehen Reliefs und Skulpturen aus Kalkstein, Terrakotta, Bronze und Holz, er bemüht sich um Teilnahme an Kollektivausstellungen wie in der »Neuen Gruppe« in den Großen Kunstausstellungen München und um städtische Aufträge an Gebäuden und Brunnen. Über die künstlerische Gruppierung »Neuer Realismus«, die sich 1947 in München gründet, lernt er den Galeristen Richard Hiepe (1930–1998) kennen. Künstlerische Höhepunkte und öffentliche Wirksamkeit bekommen Röhrigs Arbeiten zu seinen Lebzeiten im Wesentlichen durch zwei Ausstellungen: vom 1. bis 18. Oktober 1953 werden in der Ausstellung KOLLEKTIV-AUSSTELLUNG KARL RÖHRIG 31 Werke von ihm im Pavillon Alter Botanischer Garten in München ausgestellt. Richard Hiepe organisiert für Januar 1972 in seiner Neuen Galerie München die Schau KARL RÖHRIG UND DIE ANFÄNGE DER PROLETARISCH-REALISTISCHEN PLASTIK IN DEUTSCHLAND, in der Röhrig 29 Werke gemäß eigener Aufstellung zeigt. Wenige Monate nach dieser Ausstellung, am 11. August 1972, verstirbt Röhrig in München, ohne ein Testament zu hinterlassen. Der Galerist Hiepe wird sein Nachlassverwalter. Der schriftliche Nachlass des Künstlers befindet sich im Stadtarchiv München.
JL
03.06.2025
Nach dem Ersten Weltkrieg setzt Röhrig sein Studium in der Bildhauerklasse von Hermann Hahn (1886–1945) fort und beginnt ab 1926 als freier Bildhauer zu arbeiten. 1930 wird er Mitglied der Künstlervereinigung »Die Juryfreien« , wird drei Jahre später ihr Präsident, bevor die Vereinigung 1934 durch die Nationalsozialisten aufgelöst wird. Bereits 58-jährig wird er 1943 erneut zum Kriegsdienst eingezogen. 1945 kehrt er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft nach München zurück, wo er seine Wohnung und Atelier, darunter auch viele große Werke, durch einen Fliegerangriff zerstört auffindet. In seinem Antrag auf Ersatzleistung notiert er am 15.01.1946: »›Boxer‹ aus Gips (230cm) h. zerstört. 10000 Mark / Figur ›Besinnender Mann‹ Gips, Original 1,60h zerstört 5000 / Figur ›Rus. Mädchen‹, […], 1,40 h zerstört 4000 / Figur ›Holzträger‹ Eichenholz 1,40h zerstört 6000«. Inhaltlich dürfte sich die Skulptur »Mann mit Sack«, die sich als Bronzeguss im Sammlungsbestand des Buchheim Museums befindet, auf genau diese persönliche Erfahrung des »Heimkehrers«, auf den weder eine Familie noch ein Zuhause oder eine Zukunft warten, beziehen (Inv. 2.0644).
Röhrig muss sein Leben ab 1946 wieder neu aufbauen. Es entstehen Reliefs und Skulpturen aus Kalkstein, Terrakotta, Bronze und Holz, er bemüht sich um Teilnahme an Kollektivausstellungen wie in der »Neuen Gruppe« in den Großen Kunstausstellungen München und um städtische Aufträge an Gebäuden und Brunnen. Über die künstlerische Gruppierung »Neuer Realismus«, die sich 1947 in München gründet, lernt er den Galeristen Richard Hiepe (1930–1998) kennen. Künstlerische Höhepunkte und öffentliche Wirksamkeit bekommen Röhrigs Arbeiten zu seinen Lebzeiten im Wesentlichen durch zwei Ausstellungen: vom 1. bis 18. Oktober 1953 werden in der Ausstellung KOLLEKTIV-AUSSTELLUNG KARL RÖHRIG 31 Werke von ihm im Pavillon Alter Botanischer Garten in München ausgestellt. Richard Hiepe organisiert für Januar 1972 in seiner Neuen Galerie München die Schau KARL RÖHRIG UND DIE ANFÄNGE DER PROLETARISCH-REALISTISCHEN PLASTIK IN DEUTSCHLAND, in der Röhrig 29 Werke gemäß eigener Aufstellung zeigt. Wenige Monate nach dieser Ausstellung, am 11. August 1972, verstirbt Röhrig in München, ohne ein Testament zu hinterlassen. Der Galerist Hiepe wird sein Nachlassverwalter. Der schriftliche Nachlass des Künstlers befindet sich im Stadtarchiv München.
JL
03.06.2025