Carl Rabus (1898–1983)

Carl Johann Rabus



Foto: Erna Adler, © Maurice Adler; Familienarchiv


Carl Rabus wird in Kempten im Allgäu als Sohn eines Kaufmanns geboren. Zur Jahrhundertwende siedelt die Familie nach München über. Im Wintersemester 1916/17 wird Rabus in die Zeichenklasse von Angelo Jank (1868–1940) an der Akademie der bildenden Künste in München aufgenommen, 1918 jedoch zum Militärdienst einberufen, was sein Studium beendet. Danach ist Rabus als freischaffender Künstler tätig und arbeitet als Illustrator für Zeitschriften und bibliophile Buchausgaben. 1920 stellt er in den Galerien Hans Goltz und Tannhauser in München aus.

1923 geht Rabus nach Berlin. Seine Werke in der Galerie Der Sturm und in der Sektion der »Novembergruppe« auf der GROSSEN BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG gezeigt. Zwei Jahre später arbeitet er als Bühnenbildner für die Schaubühne und ist künstlerischer Berater bei der UFA. 1926 ist der Künstler zu Gast auf dem Monte Verità bei Ascona. Zwei Jahre später tritt Rabus der Assoziation revolutionärer bildender Künstler Deutschlands (ASSO) bei, zunächst in der Sektion Berlin, kehrt aber bald darauf nach München zurück. Reisen führen ihn nach Italien, Frankreich, Spanien und Belgien. 1932 lernt Rabus die Wiener Fotografin Erna Adler (1913–2007) kennen. Die beiden verlieben sich und Rabus zieht 1934 in die österreichische Hauptstadt. Er stellt im Hagenbund, in der Galerie Würthle und der Neuen Galerie aus, wird Mitbegründer der Zeitschrift PLAN, die sich gegen den Nationalsozialismus wendet und nur in drei Nummern erscheinen kann. In Chemnitz wird ein Gemälde von Rabus im Zuge der Aktion »Entartete Kunst« beschlagnahmt und vernichtet. Adler, die jüdischer Herkunft ist und deshalb durch das NS-Regime verfolgt wird, kehrt 1937 von einem Arbeitsaufenthalt in Antwerpen nicht mehr nach Österreich zurück. Rabus folgt ihr in die Emigration nach Belgien und lebt mehrere Monate in Ostende, wo er James Ensor (1860–1949) kennen lernt. Ab 1938 lebt er gemeinsam mit Adler in Brüssel. Sie finden Freunde in den dortigen Emigrantenkreisen und lernen unter anderem den Maler Felix Nussbaum (1904–1944) und seine Frau kennen.

Am 10. Mai 1940 wird Belgien von deutschen Truppen besetzt. Adler und Rabus werden als politisch verdächtige, gefährliche Ausländer, Adler darüber hinaus wegen ihrer jüdischen Herkunft festgenommen. Glücklicherweise wird sie nicht deportiert, darf aber nicht mehr arbeiten. Rabus wird gemeinsam mit tausenden durch das NS-Regime Verfolgten, darunter auch Felix Nussbaum, ins Internierungslager Saint-Cyprien in Südfrankreich verschleppt. Den Transport in Viehwaggons ohne Trinkwasser und Nahrung überleben viele nicht. Rabus bleibt bis September im Lager inhaftiert. Es entstehen bedrückende Zeichnungen des Überlebens unter katastrophalen Bedingungen. Nach seiner Entlassung kehrt Rabus nach Brüssel zurück und lebt dort unter Polizeibeobachtung. 1942 wird er wegen seiner als »Rassenschande« verfolgten Beziehung zu Erna Adler festgenommen und mehrere Monate in einem Gefängnis in Wien inhaftiert. Nach seiner Freilassung kehrt er nach Brüssel zurück und sie leben gemeinsam im Untergrund. Nach der Befreiung Belgiens durch die Alliierten im November 1944 heiraten sie. Rabus wird als vermeintlicher Kollaborateur erneut kurzzeitig inhaftiert. 1944/45 verarbeitet der Künstler seine leidvollen Erfahrungen in Lager und Gefängnis in seinem Linolschnittzyklus »Passion«.

Nach dem Krieg kann Rabus vielfach international ausstellen und das Paar begibt sich auf ausgedehnte Reisen, immer wieder auch nach Deutschland. 1958 fertigt Rabus aus Anlass der Weltausstellung ein großes Wandgemälde für den Helikopter-Bahnhof der belgischen Fluggesellschaft Sabena in Brüssel. Im Jahr darauf wird ihm ein Studienaufenthalt in New Mexico ermöglicht. 1974 kehrt er mit seiner Familie nach Deutschland zurück und lässt sich in Murnau nieder. Neun Jahre später stirbt Rabus bei einem Badeunfall im Staffelsee.

RK

27.02.2023
CARL RABUS – PASSION, Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See, 24.03.2018–10.06.2018
CARL RABUS 1898–1983. MALEREI UND GRAPHIK, bearb. v. Brigitte Salmen, m. Texten v. Roland Krüppel, Sandra Uhrig, Ausst.-Kat. Schloßmuseum Murnau (27.01.–19.03.2006)

CARL RABUS. EMPREINTES DU PASSÉ. SPUREN DER VERGANGENHEIT, m. Texten von Clelia Segieth, Rosi Führer, Karl Grosselfinger, Roland Krüppel, Serge Barba, Ausst.-Kat. Centre d'Art Contemporain de Saint-Cyprien (16.04–11.06.2011), Perpignan: Mare Nostrum, 2011

CARL RABUS 1898–1983. WAS DER MENSCH MIT MENSCHEN MACHT, WENN ER MACHT HAT ÜBER MENSCHEN, hrsg. v. Daniel J. Schreiber, m. e. Text v. Roland Krüppel, Ausst.-Kat. Buchheim Museum, Bernried (24.03.–10.06.2018), Feldafing: Buchheim Verlag, 2018

CARL RABUS. EIN MEISTER DER MODERNE. ZEICHNUNGEN UND DRUCKGRAFIKEN AUS DER SAMMLUNG GERD GRUBER, m. e. Text v. Marlies Schmidt, Ausst.-Kat. Cranach-Stiftung Wittenberg (11.09.–14.11.2021)

FRONT DE MER. CANET, COLLIOURE, BANYULS 1940, m. Texten von Laurent Joly, Céline Sala-Pons, Claire Muchir, Ausst.-Kat. Musée d'Art Moderne de Collioure (03.06.–08.10.2023), Paris: In Fine éditions d'art, 2023

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