Hans Schmitt (1912–1996)



Foto: Lothar-Günther Buchheim; © Buchheim Stiftung, Bernried


Hans Schmitt wird als uneheliches Kind einer Büglerin und eines Straßenbahnschaffners in Frankfurt am Main geboren. Er wächst in Pflegefamilien auf. Mit zwölf Jahren kommt er ins osthessische Ulmbach. Als Hütejunge kümmert er sich um eine kleine Kuhherde und eine Ziege. 1926 beginnt er eine Bäckerlehre. Nach Abschluss der dreijährigen Ausbildung geht er auf die Walz, die ihm jedoch enttäuschende Erfahrungen bringt. So verdingt er sich 1929 in Frankfurt als Hoteldiener.

1935 wird Schmitt zum Reichsarbeitsdienst nach Huppert im Taunus, heute ein Ortsteil von Heidenrod, eingezogen, wo er eine Frau kennenlernt, deren Name nicht überliefert ist. Als sie schwanger wird, heiraten sie und Schmitt zieht auf den Hof ihrer Eltern. Zwei weitere Kinder folgen, doch das Verhältnis zwischen Schmitt, seiner Frau und ihrer Familie ist angespannt.

Nach der Besetzung Polens durch die Wehrmacht wird Schmitt als Infanterist eingezogen. Später kommt er nach Russland und ins Baltikum. Kurz vor Kriegsende verliert er seinen rechten Arm und kommt in Bayern in Behandlung. Er beginnt mit der linken Hand zu zeichnen. Nach seiner Entlassung aus dem Lazarett kehrt Schmitt zu seiner Familie nach Huppert zurück, zieht jedoch bald darauf ins Rathaus und arbeitet als Gemeindediener.

Nach der Scheidung von seiner Frau trifft Schmitt 1959 über eine Kontaktanzeige Anna Eigenstetter (Lebensdaten unbekannt) aus Walchstadt am Wörthsee. Sie heiraten. 1961 beginnt Schmitt als Bildhauer zu arbeiten. Seine Figuren zimmert er aus Holz-, Leder- und Textilabfällen, Fundstücken, Pflanzenfasern und Pappmaché. 1969 lernt er den Außenseiterkünstler Max Raffler (1902–1988) kennen. Der Münchner Sammler Hans Schaffner kauft Schmitts Werke und organisiert erste Ausstellungen. 1975 wird die Autorin Giesela Pfeiffer (1922–1992) auf Schmitt aufmerksam und fördert ihn. Über sie entsteht der Kontakt zu Lothar-Günther Buchheim (1918–2007), der ebenfalls viele Skulpturen, Reliefs und Zeichnungen von ihm erwirbt.

Nach Ausstellungen in München hat Schmitt 1979 eine Ausstellung im Kulturforum Bonn, zu der im Buchheim Verlag die Publikation HANS SCHMITT. SCULPTURE BRUTE erscheint. 1980 trennen sich Hans und Anna Schmitt. Giesela Pfeiffer und ihr Mann Heinz nehmen Hans Schmitt auf und vermitteln ihm ein eigenes Hinterhofatelier bei sich in München-Haidhausen. Ende des Jahres zieht der Künstler nach Inning am Ammersee in ein kleines Haus mit Garten. Er genießt seine zunehmende Popularität. Mehrere Ausstellungen werden ihm gewidmet, darunter eine im Münchner Gasteig, für die Lothar-Günther Buchheim die Eröffnungsrede hält. Schmitt stirbt mit 84 Jahren in Inning am Ammersee. Fünf Jahre nach seinem Tod nimmt Harald Szeeman (1944–2005) 2001 Skulpturen von Hans Schmitt in seine »Platform of Thoughts« auf der 49. Biennale in Venedig auf.

RK

29.10.2024
HANS SCHMITT. MENSCHLICHE MODERNE, Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See, 05.04.2014–22.06.2014

EXPRESSIONISMUS2 – DIE SAMMLUNGEN BUCHHEIM + NANNEN, Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See, 14.03.2015–05.07.2015
HANS SCHMITT. SCULPTURE BRUTE. KATALOG DER AUSSTELLUNGEN, m. Texten von Oto Bihalji-Merin, Volker Dallmeier, Feldafing: Buchheim Verlag, [1979]

HANS SCHMITT. SCULPTURE BRUTE, Ausst.-Kat. Städtische Galerie Erlangen (25.05.–30.06.1985); Kunstverein Ingolstadt (07.07.–28.07.1985)

Gisela Pfeiffer, Joachim Puls: HANS UND ANNA REITEN NACH LANDSBERG. GESCHICHTE UND WERK DES BILDHAUERS HANS SCHMITT, mit einer Werkbetrachtung von Irene Jarisch, Weilheim: Stöppel-Verlag, 1988

HANS SCHMITT. MENSCHLICHE MODERNE, hrsg. v. Daniel J. Schreiber im Gedenken an Diethild Buchheim, m. Beiträgen v. Lothar-Günther Buchheim, Daniel J. Schreiber, Emanuel Gronau, Wolfgang Görl, Stefan Moses, Hans Schaffner, Gisela Pfeiffer, Hans Schmitt, Susanne Vierthaler, Ausst.-Kat. Buchheim Museum, Bernried (05.04.–22.06.2014), Feldafing: Buchheim Verlag, 2014

Eva di Stefano: »Museo Buchheim: la ›nave‹ delle meraviglie«, in: OSSERVATORIO OUTSIDER ART, hrsg. v. Associazione Culturale Osservatorio Outsider Art und Associazione per la conservazione delle tradizioni popolari, Palermo, Nr. 15 (Frühjahr 2018), S. 138–149

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