Sammlung Charlet


Valentine Blanche Charlet kommt am 9. März 1889 im Stadtteil Westminster in London als Tochter von dem belgischen Paar Marie Charlet (Lebensdaten unbekannt) und Joseph Gevry (Lebensdaten unbekannt) zur Welt. Sie wächst zweisprachig auf. Über Ihre Ausbildung ist uns nichts bekannt. Gesichert ist, dass Charlet in den frühen 1920er-Jahren in der Umgebung der Porte de Namur in Brüssel eine Kunsthandlung betreibt und diese um 1926 mit Walter Schwarzenbergs (Lebensdaten unbekannt) Galerie Le Centaure zusammenschließt. Letztere ist gemäß den Recherchen von Virginie Devilliez ein Jahrzehnt lang das künstlerische Zentrum Brüssels und widmete sich vor allem der Förderung von Künstlerinnen und Künstlern des Surrealismus und Expressionismus. Die Weltwirtschaftskrise ist auch im Galeriebetrieb spürbar, so dass Schwarzenberg 1931 aus der gemeinsamen Galerie aussteigt. Blanchet veranstaltet noch zwei oder drei Ausstellungen, bevor sie mit der Galerie SA Le Centaure Konkurs anmeldet.

Anscheinend befindet sich Charlet zu Beginn der 1940er-Jahre in London, wo sie von den Engländern als Agentin der Special Operations Executive rekrutiert wird. Sie ist britische Staatsbürgerin und spricht fließend Französisch. Nach nur wenigen Monaten der Ausbildung als SOE-Agentin wird sie im September 1942 nach Frankreich geschickt, wo sie als Kurierin für Geheimdokumente in der Umgebung von Lyon tätig ist. Bereits nach wenigen Wochen fliegt ihre Tätigkeit auf, sie wird am 24. Oktober verhaftet und in Castres inhaftiert. Ihr gelingt jedoch am 16. September 1943 die Flucht aus der Gefangenschaft. Über die Pyrenäen und den Wasserweg gelangt sie am 16. April 1944 nach England, wie aus ihren Personalakten in den National Archives in Kew/England hervorgeht. In Anerkennung Ihres Einsatzes wird Valentine Blanche am 19. Februar 1946 der Titel »Additional Member of the Civil Divisions of the Most Excellent Orders of the British Empire« (MEO) verliehen.

Mitte 1946 reist Charlet von Paris nach New York, um ihren eigenen Angaben nach als Kunstkritikerin einen Verleger im Hotel St. Moritz zu treffen. Dem »Information sheet« zur Einreise nach plant sie sich drei Monate in den USA aufzuhalten. Ob dieses Treffen berufliche Konsequenzen hat oder wie sich Charlets Tätigkeit fortsetzt, konnten wir bisher nicht rekonstruieren. Aus den Unterlagen in den National Archives in Kew geht nur hervor, dass Charlet spätestens ab Jahresbeginn 1966 die Kunsthandlung The Sloane Art Store Ltd. am Sloane Square in London betreibt. Das Unternehmen wird dem Briefkopf nach wohl in Partnerschaft mit »E. Myrus-Smith« (Lebensdaten unbekannt), später »J. J. Walker« (Lebensdaten unbekannt) geführt. Weitere Angaben zu der Kunsthandlung oder den handelnden Personen können wir zu diesem Zeitpunkt nicht machen. Charlet verstirbt in London-Battersea am 11.10.1985.

Wir bedanken uns bei Elea de Winter, Fine Art Museum Brüssel, für die hilfreichen Literaturverweise und freuen uns über weiterführende Informationen.

JL

24.07.2024

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