Wilhelm Morgner (1891–1917)



Fotograf/Fotografin unbekannt; aus: WILHELM MORGNER 1891–1917. Ausst.-Kat. Münster/Soest/München 1991/92, S. 283


Wilhelm Morgner wird als Sohn eines Militärmusikers und späteren Bahnschaffners im westfälischen Soest geboren. Sein Vater stirbt, als er drei Jahre alt ist. In die Schule geht Morgner ungern und macht sich mit Karikaturen seiner Lehrer bei diesen unbeliebt. Von der Mutter erhält er einen Malkasten, der in ihm den Wunsch weckt, Künstler zu werden. Doch der Mutter schwebt für ihren Sohn der Beruf des Pfarrers vor. Mit 16 reißt Morgner gemeinsam mit einem Schulkameraden aus und will nach Amerika. In Amsterdam endet das Abenteuer. Die Mutter erlaubt ihm die künstlerische Laufbahn, wenn er das Einjährige, die mittlere Reife, an der Schule ablegt.

Der ebenfalls aus Soest stammende Otto Modersohn (1865–1943) empfiehlt Morgner die Malschule von Georg Tappert (1880–1957) in Worpswede. Der nur elf Jahre ältere Künstler wird zu einem lebenslangen Freund und Unterstützer. 1909 kehrt Morgner nach Soest zurück und richtet sich dort ein Atelier ein. In dem Laden, in dem er seine Farben kauft, kann er erstmals ausstellen und eine Zeichnung verkaufen. Als Tappert in Berlin erneut eine Malschule gründet, folgt ihm Morgner kurzzeitig dorthin und wird wieder sein Schüler.

Tappert lädt ihn Ende 1911 zur IV. AUSSTELLUNG DER NEUEN SECESSION ein und ermöglicht ihm die Präsentation seiner Werke auf der 1. AUSSTELLUNG DER JURYFREIEN. Im Folgejahr lernt Morgner bei Tappert Franz Marc (1880–1916) kennen, der ein Konvolut seiner Zeichnungen an Wassily Kandinsky (1866–1944) schickt. Eine davon wird in den Almanach DER BLAUE REITER aufgenommen, zwanzig sind in der 2. AUSSTELLUNG DER REDAKTION DES BLAUEN REITER in der Galerie Hans Goltz in München zu sehen. 1912 nimmt der Leiter des Barmer Kunstvereins Richart Reiche (1876–1943) eines der Gemälde von Morgner in die Kölner SONDERBUNDAUSSTELLUNG auf. Herwarth Walden (1878–1941) wird auf den Künstler aufmerksam und veröffentlicht seine Grafiken in der Zeitschrift DER STURM. Franz Pfemfert (1879–1954) wählt eine Zeichnung für DIE AKTION aus, weitere Veröffentlichungen folgen. In einer Wanderausstellung des STURM sind Morgners Werke 1913 in Budapest zu sehen und im selben Jahr Werke in Tokio in der Ausstellung DEUTSCHE GRAPHIK. Die Teilnahme am ERSTEN DEUTSCHEN HERBSTSALON schlägt Morgner aus, nachdem er sich mit Walden überworfen hat.

Im Herbst 1913 wird Morgner zum einjährigen Militärdienst eingezogen. Bevor dieser beendet ist, bricht der Erste Weltkrieg aus. Morgner kommt an die Westfront und nimmt an der Marne-Schlacht teil. Nach einer Fußquetschung durch einen Pferdetritt kommt er ins Genesungsheim nach Charlottenburg und kann Weihnachten zu Hause verbringen. 1915 wird er an die Ostfront geschickt und dort zum Unteroffizier befördert. Er erhält das Eiserne Kreuz II. Klasse. Von seiner Einheit wird er als Zeichner für Einsätze in Bulgarien vorgeschlagen, die Versetzung zieht sich jedoch hin. Den Spätsommer und Herbst kuriert Morgner im Lazarett in Polzin/Pommern eine Furunkulose aus. Anschließend wird er in Spandau und Döberitz eingesetzt. Mitte 1916 wird Morgner zum Dienst als Zeichner nach Bulgarien und Serbien verlegt und arbeitet für ein Gräberkommando. Im Mai 1917 muss er jedoch wieder an die Front, diesmal nach Flandern. Er fällt in der Schlacht bei Langemarck, was erst 1989 rekonstruiert werden kann. Bis dahin gilt er als vermisst, wird zunächst in englischer Gefangenschaft vermutet. Man findet nur sein Gepäck und darin sein letztes Werk, eine in eine Dose geritzte »Große Kreuzigung«.

Die Mutter, Maria Morgner, geb. Bals (1863–1954), kümmert sich um Morgners Nachlass. Georg Tappert wird 1919/20 mit der Katalogisierung von Morgners Werk beauftragt und erstellt das erste Verzeichnis. Ihm werden auch die Verwertungsrechte übertragen und er veranlasst, dass ein Teil des Werkes zur Ausstellung und zum Verkauf an die Galerie Alfred Flechtheim in Düsseldorf geht. 1928 wird der Vertrag zwischen Morgners Mutter und Tappert wegen Unregelmäßigkeiten aufgelöst und die Vollmacht zurückgenommen. Die Stadt Soest erwirbt 1931 knapp 200 Werke des Künstlers und richtet ihm ein Gedächtniszimmer im Rathaus ein. In der Aktion »Entartete Kunst« werden 1937 deutschlandweit über 90 von Morgners Werken beschlagnahmt und mehrere Bilder in der Femeausstellung in Berlin gezeigt.

Seit 2016 beheimatet das Wilhelm-Morgner-Haus, Soest die städtischen Bestände. Ebenfalls in der Heimatstadt Morgners befindet sich auch das von dem Kunstsachverständigen Walter Weihs geführte Wilhelm Morgner-Archiv. Das LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster verfügt über den größten Bestand zu Morgners Werk und besitzt ebenfalls ein Morgner-Archiv.

RK

17.12.2021
DIE NEUE SECESSION BERLIN. IV. AUSSTELLUNG. GEMÄLDE, Neue Secession, Berlin, 18.11.1911–31.01.1912

DIE NEUE SECESSION BERLIN. V. AUSSTELLUNG. ZEICHNENDE KÜNSTE. PLASTIK, Neue Secession, Berlin, 09.03.1912–?

DIE NEUE SECESSION BERLIN. X. AUSSTELLUNG DER ZEITSCHRIFT DER STURM, Zeitschrift DER STURM, Berlin, 09.12.1912–31.12.1912

DIE NEUE SECESSION BERLIN. VI. AUSSTELLUNG, Neue Galerie, Berlin, 12.04.1914–12.05.1914

DIE KÜNSTLERGRUPPE »BRÜCKE« UND DER DEUTSCHE EXPRESSIONISMUS, SAMMLUNG BUCHHEIM, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 01.07.1973–30.09.1973

DIE KÜNSTLERGRUPPE »BRÜCKE« UND DER DEUTSCHE EXPRESSIONISMUS, SAMMLUNG BUCHHEIM, Badischer Kunstverein, Karlsruhe, 20.01.1974–23.03.1974

EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM, Kölnisches Stadtmuseum, Köln, 02.04.1981–31.05.1981

EXPRESSIONISTES ALLEMANDS. COLLECTION BUCHHEIM, Musée d'Art Moderne, Strasbourg, 28.06.1981–23.08.1981

EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM, Kunsthalle zu Kiel Christian-Albrechts-Universtität, Kiel, 02.09.1981–18.10.1981

НЕМЕЦКИЕ ЭКСПРЕССИОНИСТЫ ИЗ СОБРАНИЙ ФРГ (DEUTSCHE EXPRESSIONISTEN AUS SAMMLUNGEN DER BRD), Ermitage, Leningrad, 19.11.1981–02.01.1982

НЕМЕЦКИЕ ЭКСПРЕССИОНИСТЫ ИЗ СОБРАНИЙ ФРГ (DEUTSCHE EXPRESSIONISTEN AUS SAMMLUNGEN DER BRD), Puschkin Museum der Bildenden Künste, Moskau, 22.01.1982–07.03.1982

EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM, Mittelrheinisches Landesmuseum, Mainz, 28.03.1982–09.05.1982

EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM, Lehmbruck Museum, Duisburg, 19.05.1982–04.07.1982

EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM, Akademie der Künste, Berlin, 29.08.1982–24.10.1982

EXPRESSIONISTES ALEMANYS. COL-LECCIÓ BUCHHEIM, Centre Cultural de la Caixa de Pensions, Barcelona, 09.12.1982–30.01.1983

EXPRESIONISTAS ALEMANES. COLECCIÓN BUCHHEIM, Bibliotheca Nacional, Madrid, 10.02.1983–30.03.1983

EXPRESSIONISTS, COLLECTION BUCHHEIM – בוכהיים אוסף אקספרסיוניסטים , Tel Aviv Museum, Tel Aviv, 31.05.1983–31.07.1983

EKSPRESSIONISTEJA. KOKOELMA BUCHHEIM (EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM), Ateneumin taidemuseo, Helsinki, 12.08.1983–18.09.1983

EXPRESSIONISM. THE BUCHHEIM COLLECTION, Port of History Museum Penn's Landing, Philadelphia, 06.10.1983–26.11.1983

EXPRESSIONISM. THE BUCHHEIM COLLECTION, Elvehjem Museum of Art University of Wisconsin, Madison, 17.12.1983–29.01.1984

EXPRESSIONISM. THE BUCHHEIM COLLECTION, The Minneapolis Institute of Arts, Minneapolis, 12.02.1984–25.03.1984

DER DEUTSCHE EXPRESSIONISMUS. SAMMLUNG BUCHHEIM – ブーフハイム・コレクションによる ドイツ表現派展, Museum für Moderne Kunst der Präfektur Kanagawa, Kamakura, 07.04.1984–06.05.1984

DER DEUTSCHE EXPRESSIONISMUS. SAMMLUNG BUCHHEIM – ブーフハイム・コレクションによる ドイツ表現派展, Kunstmuseum der Präfektur Miyagi, Sendai, 12.05.1984–24.06.1984

DER DEUTSCHE EXPRESSIONISMUS. SAMMLUNG BUCHHEIM – ブーフハイム・コレクションによる ドイツ表現派展, Städtisches Kunstmuseum, Himeji, 30.06.1984–29.07.1984

DER DEUTSCHE EXPRESSIONISMUS. SAMMLUNG BUCHHEIM – ブーフハイム・コレクションによる ドイツ表現派展, Kunstmuseum der Präfektur Mie, Tsu, 18.08.1984–07.10.1984

EKSPRESSIONISME, BUCHHEIM-SAMLINGEN (EXPRESSIONISMUS, BUCHHEIM-SAMMLUNGEN), Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk, 20.10.1984–06.01.1985

EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM, Haus der Kunst, München, 16.03.1985–12.05.1985

ΓΕΡΜΑΝΟΙ ΕΞΠΡΕΣΙΟΝΙΣΤΕΣ ΣΥΛΛΟΓΗ ΜΠΟΥΧΑΙΜ (EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM), Pinacothèque Nationale, Musée Alexandre Soutzos, Athen, 07.10.1985–10.12.1985

EXPRESSIONISTEN, SAMMLUNG BUCHHEIM, Kunstmuseum Luzern, Luzern, 01.07.1990–09.09.1990

EIN FEST FÜRS AUGE. BUCHHEIMS EXPRESSIONISTEN, Kunsthalle Emden Stiftung Henri und Eske Nannen Schenkung Otto van de Loo, Emden, 26.09.2015–17.01.2016
Will Frieg, Wilhelm Morgner. Nachw. v. Georg Tappert, Leipzig: Klinkhardt & Biermann 1920 - 16 S. T. 32 s/w Abb,1 Ftaf.Ebd.n. K.Schmidt-Rottlu: Junge Kunst Bd. 12

Harald Seiler: WILHELM MORGNER, Köln: Verlag E. A. Seemann, 1956 (Monographien zur Rheinisch-Westfälischen Kunst der Gegenwart, hrsg. v. Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Bd. 3)

WILHELM MORGNER UND DIE MODERNE, hrsg. v. Hermann Arnhold, m. Texten v. Andrea Witte, Tanja Pirsig-Marshall, Ingrid Fisch, Dietmar Wohl, Patrick Kammann, Ausst.-Kat. LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster (13.11.2015–06.03.2016), Köln: Wienand, 2015

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