Kunsthandel Richartz

L'Art Moderne


Carl Richartz kommt am 15. Januar 1908 als Sohn von Wilhelm (1870–unbekannt) und Johanna Richartz (1872–unbekannt), geb. Molitor, in Düren zur Welt. Sein Vater ist Kaufmann und ist als Inhaber der Firma Wilhelm Richartz im örtlichen Adressbuch von 1910 dokumentiert. Carl schließt sein Studium 1934 mit der Dissertation DIE AUFLÖSUNG UND LIQUIDATION DER KOMMANDITGESELLSCHAFT AUF AKTIEN im Bereich Rechtswissenschaften an der Universität Köln ab. In den personenbezogenen Archivunterlagen im Stadtarchiv Amsterdam ist der Zuzug von »Karl« Richartz ins niederländische Amsterdam für den 27. Februar 1937 belegt. Carls Mutter und sechs andere Familienmitglieder sterben bei einem Bombenangriff auf Düren am 16. November 1944.

Im Archiv der Eheleute Buchheim konnten wir bisher nur einen Brief von Richartz an Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) nach Feldafing vom 05.10.1964 finden, in dem er sich nach Buchheims Interesse an der Erarbeitung eines Werkverzeichnisses zum grafischen Oeuvre Karel Appels (1921–2006) erkundigt. Dem Briefkopf nach firmierte Richartz’ Galerie zu diesem Zeitpunkt unter dem Namen »L'Art Moderne« in der Nicolaas Maesstraat 22 in Amsterdam. In privaten Meldeunterlagen im Stadtarchiv Amsterdam ist eben diese Anschrift als Meldeadresse ab 08.08.1955 für Richartz mit anderer Schreibweise für den Vornamen, nämlich als »Karl«, dokumentiert. In einem anderen Provenienzforschungsprojekt von 2018 kommt Andrea Richter zu der Erkenntnis, dass Richartz um 1950 immer noch wohnhaft in Deutschland, in Düren im Rheinland, ist. Im Katalog der Dürener Ausstellung KUNST DES 19. UND 20. JAHRHUNDERTS AUS DÜRENER MUSEUMS- UND PRIVATBESITZ im Leopold-Hoesch-Museum, die vom 7. Oktober bis 5. November 1950 stattfindet, ist Richartz als Eigentümer einer Papierarbeit von Max Pechstein dokumentiert: Max Pechstein, Strand mit aufgelegten Schiffen, 1919, »Dauerleihgabe Dr. Carl Richartz, Amsterdam«.

Offenbar sind es nicht nur Werke von Pechstein, wie die genannte Dauerleihgabe und die Lithografie »Drei Bäuerinnen« (Inv. 1.03006), die sich nachweislich in Richartz‘ Besitz befunden haben, sondern auch einige andere Druckgrafiken und kleinformatige Zeichnungen oder Künstlerpostkarten von Künstlern der Klassischen Moderne, die Richartz‘ Warenbestand und private Sammlung bereichern. Einer seiner Söhne, Michael Richartz (Lebensdaten unbekannt), erinnert sich: »Seit meiner frühen Kindheit war ich durch Kunst und Künstler umgeben. Mein Vater, internationaler Kunsthändler – oder Sammler, wie er sich lieber nannte – arbeitete meistens von seinem Haus in Amsterdam aus. Es war ein Kommen und Gehen von Kunst, Künstlern, Galeristen, Versteigerern und Museumsleuten. Als Kind musste ich häufig aufpassen, nicht zu sehr in die Nähe der – meistens expressionistischen Kunstwerke zu geraten, die, wohl oder nicht [sic] zur Ansicht, hier und da im Haus aufgestellt standen.« Bestätigt wird diese Erinnerung auch durch zwei Ausstellungskataloge der Stadt Düren zu Ausstellungen in den Jahren 1964 und 1965 aus Richartz‘ Sammlungsbestand. In der Ausstellung DAS EXPRESSIONISTISCHE KLEINBILD, die vom 14. Juni bis 12. Juli 1964 im Leopold-Hoesch-Museum der Stadt Düren veranstaltet wird, werden 62 Werke aus seiner Sammlung präsentiert. Dabei agiert Richartz nicht nur als Leihgeber, sondern ist auch Verfasser des Katalogtextes und setzt sich für die Drucklegung und Illustrierung des Kataloges durch die Bereitstellung von Klischees ein. Auffällig sind einige Bildverweise, aus denen hervorgeht, dass einige Exponate in Auktionen des Stuttgarter Kunstkabinetts bei Lempertz in Köln oder Klipstein und Kornfeld in Bern aufgerufen und vermutlich von ihm bei diesen Gelegenheiten erworben wurden.

Als Vorbesitzer ist »Kunsthandel C. Richartz, Amsterdam« für drei frühe Ölbilder von Max Pechstein aus den Jahren 1909 und 1910 im Werkverzeichnis der Ölgemälde von Aya Soika belegt. Die Besitzangaben für das Ölbild »Kurhaus in Dangast« ist auf 1956 datiert. Weitere Unterlagen zu dem Kunsthändler gibt es im Archiv der Urhebergemeinschaft Max Pechstein nicht. Gemäß Online-Werkverzeichnis zu den Gemälden von Max Beckmann befindet sich das Ölbild »Ostende« von Beckmann von 1948 bis 1949 in Carl Richartz‘ Besitz, bevor er es an den Kölner Kunsthändler Werner Rusche weiterverkauft. In engem Austausch muss Richartz mit dem Stedelijk Museum in Amsterdam gestanden haben. Recherchen in Unterlagen aus dem Museum befinden sich inzwischen im Stadtarchiv Amsterdam und dürften genaueren Einblick in seine Aktivitäten als Händler ermöglichen. Diese konnten aufgrund von begrenzten Zeitressourcen nicht eingesehen werden. Richartz verstirbt am 25. Februar 1983 in Maastricht.

Geschäftsunterlagen zu der oder den Kunsthandlungen, die Richartz in Amsterdam und möglicherweise auch Düsseldorf betrieben hat, sind weder im ZADIK in Köln noch im Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie in Den Haag überliefert. Laut freundlicher Auskunft des Verlegers Rainer Heeke, in dessen Verlag eine Publikation des Sohnes Michael Richartz erschienen ist, könnten sich diese noch in Familienbesitz bei dessen Witwe befinden. Heeke verweist auch darauf, dass Richartz als Kunsthändler in Düsseldorf tätig war. Aus den Erinnerungen von Michael Richartz geht außerdem hervor, dass seine Mutter in Düsseldorf eine Filiale des Amsterdamer Kunstantiquariats Hans Marcus führte. Ob es sich dabei um Carl Richartz‘ erste Frau, Rotrud Ingeburg Fredegund Reinfrida Beck (Lebensdaten unbekannt), oder die zweite, Hedwig Julie Valerie Dorothea von Brümmer (Lebensdaten unbekannt), gehandelt hat, kann nicht gesichert festgestellt werden. Wir bedanken uns bei Rainer Heeke und Timothy Sodmann für die Auskunftshilfe.

JL

28.08.2024

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