Drei Bäuerinnen

Max Pechstein

1922

Lithografie auf Karton

Bildmaß 49,5 x 69,8 cm
Blattmaß 61,4 x 83,1 cm


Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See


Inventarnummer: 1.03006

Alternativer Titel: Drei Frauen mit Schalen; Fischerfrauen mit Körben

Druckgrafik, Flachdruck

KVZ/WVZ: Krüger L 382


Sammlungsbereich: Arbeiten auf Papier

Künstler/in: Max Pechstein


© Pechstein Hamburg/Tökendorf; VG Bild-Kunst, Bonn; Reproduktion: Nikolaus Steglich, Starnberg
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Beschreibung

Drei Frauen stehen hüftbreit nebeneinander und halten je einen Korb zwischen sich. Die Körbe dürften schwer sein, sonst gäbe es keinen Grund diese gemeinsam zu tragen. Die Kopfbedeckung der Frauen sowie ihre Schuhe und Kleidung charakterisieren sie als Bäuerinnen. Hinter ihnen ist ein offenes Feld und im Bildhintergrund sind Bäume zu sehen. Aber was genau tun sie? Die rechte Frau scheint den Lastenzug anzuführen. Sie dreht sich zu den beiden anderen, gibt möglicherweise Anweisungen. Durch die Ausrichtung der Schuhe ist erkennbar, dass alle drei nach rechts gehen wollen.

Als im Rahmen der Provenienzrecherchen auch eine Objektautopsie durchgeführt wurde, stellte sich heraus, dass das Blatt bei einer Erstinventarisierung in Bezug auf eine Einordnung der Technik irrig als Kreidezeichnung dokumentiert worden war. Folglich wurde es zu Projektbeginn dem Forschungskonvolut für die Herkunftsrecherchen der unikalen Papierarbeiten der »Brücke«-Künstler zugeordnet, obwohl es sich um ein druckgrafisches Blatt handelt. Julia Pechstein von der Max Pechstein Urhebergemeinschaft bestätigte uns freundlich, dass es sich bei dem Blatt um das einzige ihr bekannte unzerschnittene Exemplar einer Lithografie-Auflage von 1922 handelt, die im Werkverzeichnis der Druckgrafik von Günter Krüger unter »Fischerfrauen mit Körben« geführt wird (WVZ Krüger L 382). Krüger verweist darauf, dass die Auflage als Teil einer Serie von großformatigen Lithografien zum »Leben der Bauern und Fischer von Pommern« 1922 entsteht.

Nach einem Besuch am 4. Mai 1922 bei dem Sammlerehepaar Alfred und Tekla Hess in Erfurt, reist Max Pechstein Mitte/Ende Mai spontan ins pommersche Leba, heute Łeba in Polen. Er ärgert sich über seinen Kunsthändler Wolfgang Gurlitt (1888–1965) aus Berlin und möchte diesen Ärger verarbeiten. Aya Soika, Autorin des Werkverzeichnisses der Ölgemälde weist daraufhin, dass während des Arbeitsaufenthalts von mehreren Wochen trotz schlechten Wetters viele Landschaftsbilder entstehen. Unter ihnen sind auch zwei, auf denen ähnlich gekleidete Frauen mit weißen Kopftüchern dargestellt sind. Insbesondere die Kleidung der in Rückenansicht dargestellten Bäuerin auf dem Ölbild »Kartoffelträgerin« ähnelt der der drei Frauen, die auf dieser Lithografie zu sehen sind. Tatsächlich ist auch die Darstellung der beiden schweren Körbe, die bis zum Rand mit Kartoffeln gefüllt sind und von der »Kartoffelträgerin« fixiert durch Schnüre an einem Tragjoch auf den Schultern getragen werden, vergleichbar. Folglich passt der chronologisch uns bekannte früheste Bildtitel, »Drei Bäuerinnen«, als beschreibender Titel für die Lithografie aus kunsthistorischer Sicht deutlicher besser als der von Krüger im Werkverzeichnis genutzte. Auch auf zwei anderen Lithografien der von Krüger benannten druckgrafischen Serie sind Bäuerinnen mit Kopftüchern darstellt (WVZ Krüger L 373, L 374), während die einzige uns bekannte druckgrafische Darstellung einer »Fischerfrau« , ein Holzschnitt ist, auf dem eine Frau ohne Kopftuch zu sehen ist (WVZ Krüger H 282).

Unter dem Titel »Drei Bäuerinnen« wird die Lithografie im Auktionshaus Klipstein und Kornfeld in Bern in der Auktion 90 am 16.05.1958 als Nr. 820 an Lothar-Günther Buchheim veräußert. Dank der kollegialen Unterstützung des Archivs der Galerie Kornfeld konnten wir in Erfahrung bringen, dass der Sammler und Kunsthändler Carl Richartz (1908–1983) Einlieferer zur Auktion ist. Im Archiv der Eheleute Buchheim konnten wir keine Belege für die Erwerbung in der Auktion finden. Gemäß den Provenienzangaben aus dem Werkverzeichnis der Gemälde von Max Pechstein handelte Richartz nicht nur mit dieser Grafik, sondern mindestens auch mit drei Gemälden des Künstlers: »Fischerhaus«, 1909, »Morgen«, 1909, und »Kurhaus in Dangast«, 1910. Eine Biografie zu Richartz wurde separat erarbeitet und ist über einen Link unter dem Reiter »Provenienz« abrufbar.

Trotz intensiver personenbezogener und werkbezogener Recherchen in NS-Verlust- und Recherchedatenbanken sowie Überprüfung von früher Ausstellungsliteratur haben sich keine Hinweise auf den Verbleib der Grafik bis zur Einlieferung zur Auktion ergeben.

Die Provenienz ist für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 nicht eindeutig geklärt, es bestehen Provenienzlücken. Die Herkunft muss weiter erforscht werden. Wir danken für weiterführende werkbezogene Hinweise.

JL

29.08.2024

Beschriftungen

rekto u. l. beschriftet (in Bleistift): 23
rekto u. r. signiert und datiert (in Bleistift): HMPechstein 1922
verso u. r. beschriftet (in Bleistift): 1.03006

Provenienz

[...]
o. D.–16.05.1958: Carl Richartz (1908–1983), Amsterdam
16.05.1958: Klipstein & Kornfeld, Bern, Auktion 90, Nr. 820, eingeliefert von »Richartz, Amsterdam«
16.05.1958–08.03.2014: Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing, erworben bei Klipstein & Kornfeld, Auktion 90

seit 08.03.2014: Buchheim Stiftung, Feldafing/Bernried, erworben im Erbgang von Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing

JL

29.08.2024

Sammlung Buchheim
Kunsthandel Richartz

Literatur

Günter Krüger: DAS DRUCKGRAPHISCHE WERK MAX PECHSTEINS, hrsg. v. Max Pechstein Archiv, Hamburg, 1. Aufl., Tökendorf: R. C. Pechstein-Verlag, 1988, Kat. Nr. L 382, Abb. S. 296

AUKTION 90, MODERNE KUNST DES NEUZEHNTEN UND ZWANGSTIGSTEN JAHRHUNDERTS, Klipstein & Kornfeld, Bern (16.–17.05.1958), Kat. Nr. 820, Erw. S. 90

Weitere Werke