Kunsthandel Mario Uzielli



aus: DAS NEUE FRANKFURT, 2. Jg., H. 2 (02/1928), Anhang; https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/neue_frankfurt1928/0059


Mario Uzielli (1888–1973) erlernt den Beruf des Juweliers, bevor er in den Ersten Weltkrieg zieht. Dort wird er bei einem Fronteinsatz schwer verwundet. Auf einem Auge erblindet, kehrt er nach Frankfurt am Main zurück. Gemeinsam mit dem Buchhändler Heinrich Tiedemann (1884–1928), der bereits seit 1915 die »Buchhandlung Reitz & Koehler Heinrich Tiedemann« führt, gründet Uzielli, der aus wohlhabendem jüdischem Hause stammt, im Oktober 1916 den Verlag »Tiedemann & Uzielli«. Laut Recherchen Werner J. Schweigers für die geplante Veröffentlichung eines »Lexikons des Kunsthandels der Moderne im deutschsprachigen Raum 1905–1937« gliedern Uzielli und Tiedemann unter der Firmierung »Die Buchhandlung Reitz & Köhler (Inh. Tiedemann)« um die Jahreswende 1918/19 an die Buchhandlung in der Schillerstraße 15 einen Ausstellungsraum an, in der moderne Grafik ausgestellt wird. Am gleichen Standort befindet sich ab 1922 die Galerie von Alfred Flechtheim (1878–1937) und Gustav Kahnweiler (1895–1989), die seit 1921 im Gärtnerweg 63 bestand. Für den ursprünglich als Mitteilungsblatt seiner Galerie herausgegebenen QUERSCHNITT wird 1923 die »Querschnitt-Verlag A. G.« gegründet, in deren Aufsichtsrat laut der Wochenzeitschrift Kunstchronik und Kunstmarkt neben Flechtheim sowohl Uzielli als auch Tiedemann berufen werden.

Uzielli und Tiedemann stellen im November 1918 erstmalig Grafiken von Marc Chagall in Frankfurt am Main aus. Im Juni 1919 zeigen sie, veranstaltet von der »Vereinigung für Neue Kunst Frankfurt« ebenfalls erstmalig in der Stadt Druckgrafiken von Max Beckmann.

Nach der Trennung von seinem Geschäftspartner, der nach Berlin zieht, eröffnet Uzielli eine eigene Buch- und Kunsthandlung, »Mario Uzielli«, und zieht um 1933 in die Neue Mainzer Straße 35. Nach den Rassegesetzen der Nationalsozialisten wird Uzielli als »Halbjude« eingestuft, außerdem ist er seit 1917 mit Valerie Frieda Lust (1883–1988) verheiratet, die jüdischen Glaubens ist. Aufgrund dieser Klassifizierung wird Uzielli per Schreiben des Präsidenten der Reichskulturkammer der Bildenden Künste vom 29.08.1935 aus der »Reichskulturkammer« ausgeschlossen. Ihm wird die damals übliche Frist von 4 Wochen gegeben, um seinen Geschäftsbetrieb aufzulösen. Dadurch ist er nicht nur gezwungen, seinen Geschäftsbestand zu niedrigen Preisen zu veräußern, sondern auch Deutschland zu verlassen. Gemeinsam mit seiner Familie emigriert er 1936 nach Liestal bei Basel in die Schweiz. Sein ehemaliger Lehrling Wilhelm Henrich (1906–1980) übernimmt gemäß Entschädigungsakte die Firma Mario Uzielli am 01.07.1937 und führt das Geschäft unter eigenem Namen bis in die 1960er-Jahre weiter.

In der Schweiz erhält Uzielli zwar eine Aufenthaltsgenehmigung, ist aber seit seiner Ausbürgerung 1939 staatenlos. Am 27.06.1946 wird ihm das Schweizer Kantonsbürgerrecht verliehen. Laut Auskunft aus dem Bericht der Kantonspolizei in Liestal hatte er bis zur Einbürgerung eine sogenannte Toleranzbewilligung, welche es ihm ermöglichte, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zwar verfügte er gemäß der Aktenauskunft 1943 über kein Barvermögen, aber über Vermögen in Kunstgegenständen. Es muss also neben den Beständen des ihm gestatteten Kunsthandels auch privates Eigentum gegeben haben. Über den Umfang und die Art der Privatsammlung ist bisher nichts bekannt. 1947 nimmt Uzielli seine Tätigkeit als Buchantiquar wieder auf. Er verstirbt 1973 in der Schweiz.

JL

09.12.2021

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