Verlag Karl Nierendorf (gegr. 1918 Köln, später Berlin und New York)

Kairos-Verlag




Karl Nierendorfs (1889–1947) Werdegang als Verleger ist eng verbunden mit seiner Tätigkeit als Kunsthändler. Nach Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg startet er seine Karriere als Organisator erster Ausstellungen, Lesungen und Konzerte im Deichmannhaus in Köln und gründet den Kairos-Verlag sowie die Künstlergemeinschaft »Der Strom«. Für die Künstlergemeinschaft verlegt er eine gleichnamige Buchfolge, zwischen 1919 und 1920 erscheinen sieben Ausgaben. 1920 gibt Nierendorf die erste originalgrafische Mappe mit neun im Jahr zuvor entstandenen Zinkgravuren von Otto Freundlich (1887–1943) heraus: »Die Zeichen«. Er beschränkt sich jedoch nicht auf Publikationen bildender Kunst, sondern verlegt bereits 1919 den Gedichtband CONSOLAMINI von Johannes Theodor Kuhlemann (1891–1939) mit fünf Zeichnungen von Max Ernst (1891–1976) und 1920 DAS ERLEBNIS DER ARCHITEKTUR von Hans Hansen (1889–1966).

Nach der Eröffnung seiner ersten Galerie Nierendorf Köln – Neue Kunst im Frühjahr 1920 vertieft Nierendorf auch die verlegerische Zusammenarbeit mit seinen Künstlern. So schlägt er im Mai 1922 Otto Dix, den er besonders fördert, die Anfertigung einer Mappe mit Originalgrafiken zum Thema »Zirkus« vor, die aber schließlich im Selbstverlag des Künstlers erscheint (vgl. Inv. 1.00825–1.00828). Nach Nierendorfs Übersiedlung nach Berlin kommt 1924 mit Dix ein Vertrag zustande. Er gibt den Zyklus »Der Krieg« mit 50 signierten Radierungen, ediert in 5 Mappen und in einer Auflage von 70 Exemplaren heraus (Inv. 1.07205). Für die Verbreitung des Werks erstellt Nierendorf zunächst eine günstige Buchpublikation mit 22 im Offsetdruck verkleinert reproduzierten Motiven des Kriegszyklus sowie dem Motiv des Toten Soldaten (1.03044) aus »Tod und Auferstehung« (Inv. MO-D_02029). Bereits 1923 ist er Herausgeber einer Publikation über das STAATLICHE BAUHAUS WEIMAR, das neben einer Selbstdarstellung der Kunstschule auch Originalgrafik enthält und im Bauhausverlag erscheint. Im gleichen Jahr wird Nierendorf für Lovis Corinth als Verleger von zwölf farbigen Lithografien zu »Wilhelm Tell« tätig (1.00369).

Während Karl Nierendorf als Kunsthändler und Verleger in Berlin agiert, führt sein Bruder Josef (1898–1949) die Galerie in Köln bis zu ihrer Auflösung weiter. Zur Eröffnung einer Düsseldorfer Filiale 1925 gibt Karl Nierendorf als Katalog der Emil Nolde gewidmeten Eröffnungsausstellung das erste und einzige Heft von DIE NEUE KUNST IN DEUTSCHLAND heraus. Nierendorfs größter publizistischer Erfolg ist jedoch URFORMEN DER KUNST mit 120 Pflanzenfotografien des bis dahin weitgehend unbekannten Karl Blossfeldt, das 1928 im Wasmuth Verlag erscheint, in mehrere Sprachen übersetzt und mehrfach neu aufgelegt wird.

1936 emigriert Karl Nierendorf in die USA, wo er bis zu seinem Tod seine verlegerische Tätigkeit fortsetzt. Hier fördert er insbesondere das Werk Paul Klees und gibt 1941 die Monografie PAUL KLEE, PAINTINGS, WATERCOLORS 1913 TO 1939 und Siebdrucke nach Werken Paul Klees heraus. Der letzte in den USA von Nierendorf erstellte Ausstellungskatalog ist FORBIDDEN ART IN THE THIRD REICH, PAINTINGS BY GERMAN ARTISTS WHOSE WORK WAS BANNED FROM MUSEUMS AND FORBIDDEN TO EXHIBIT«, der 1945 in New York erscheint. Karl Nierendorf stirbt 1947 an einem Herzinfarkt.
Erst 1955, einige Jahre nach Josef Nierendorfs Tod, verlegt die unter der Leitung von Josef Nierendorfs Stiefsohn, Florian Karsch (1925–2015), und seiner Frau Inge (geb. Lowe, 1927–2013) neu eröffnete Galerie Meta Nierendorf wieder erste Künstlerarbeiten. Es handelt sich um kleine Holzschnitte aus zwei Folgen von Florian Karschs Vater, Joachim Karsch (1897–1945), der schon zu den Künstlern der Galerie Neumann-Nierendorf gehört hatte. Ab 1961 druckt und verlegt die Galerie Nierendorf regelmäßig Originalgrafik für Ausstellungskataloge oder Ausstellungsplakate. In der Reihe der KUNSTBLÄTTER werden ausstellungsbegleitende Kataloge herausgegeben.

JL + RK

19.06.2023

Galerie

Werke

Literatur

DER KRIEG. 24 OFFSETDRUCKE NACH ORIGINALEN AUS DEM RADIERWERK VON OTTO DIX, Berlin: Verlag Karl Nierendorf, 1924

1920–1970. FÜNFZIG JAHRE GALERIE NIERENDORF. RÜCKBLICK. DOKUMENTATION. JUBILÄUMSAUSSTELLUNG, Ausst.-Kat. Galerie Nierendorf, Berlin, 1970

Anja Walter-Ris: DIE GESCHICHTE DER GALERIE NIERENDORF: KUNSTLEIDENSCHAFT IM DIENST DER MODERNE BERLIN/NEW YORK 1920–1995, Diss. Freie Universität Berlin, 2003

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