Sammlung Schlesing


Ernst Emil Heinrich Schlesing wird am 23.11.1868 in Koblenz geboren. Über sein Studium und beruflichen Werdegang ist uns bisher nichts außer einer im Nachlass erwähnten Lehrtätigkeit bekannt. Weiterhin geht aus den Nachlassunterlagen hervor, dass er sowohl einen Doktortitel in Philosophie als auch in Rechtswissenschaften hatte. Meldeunterlagen aus dem Stadtarchiv München dokumentieren seine deutsche Staatsbürgerschaft und evangelische Taufe. 1926 tritt Schlesing aus der evangelischen Kirche aus und nimmt die katholische Religionszugehörigkeit an. Vielleicht bewegte ihn seine erste Frau Emma Hakenjos (1872–1935) dazu, die ebenfalls katholisch ist. 1901 wird Schlesings einziges Kind, sein Sohn Heiner (1901–1992), geboren, der später Künstler wird. Als Emma 1935 stirbt, tritt Schlesing auch aus der katholischen Kirche aus. Spätestens ab 1925 lebt Schlesing in München und gemäß der Angabe in seinem Testament ab 1935 in Weilheim. Im September 1936 heiratet Franziska Bauer (1897–unbekannt), die ihn bis zu seinem Lebensende begleitet und als er krank wird über viele Jahre hinweg pflegt. Schlesing verstirbt am 22.01.1959 in Weilheim. Zunächst durch die Inflation 1920/21, dann durch die Währungsreform 1948 verliert Schlesings Bar- aber auch in Wertpapieren angelegtes Vermögen seinen Wert, so dass er selbst sich 1951 als »Soforthilfeempfänger« bezeichnet. Er erfährt monatliche Unterstützung durch eine seiner Schwestern.

Erst nach Einsicht in die Nachlassakte von Emil Schlesing wird durch sein handschriftliches Testament der Umfang seiner Sammlung und sein Sammlungsinteresse für Werke der Klassischen Moderne deutlich, denn als Leihgeber für Ausstellungen tritt er – soweit uns bekannt – zeitlebens nicht in Erscheinung. Fehlende Maß- und Technikangaben erschweren eine eindeutige Identifizierung der Werke, die Schlesing als diejenigen auflistet, die er seinem Sohn Heiner aus verschiedenen Gründen vermacht und spätestens am 03.02.1944 aufgrund der Bombenangriffe auf München vorvererbt und nach Berlin transportieren lässt. Darunter befindet sich eine Arbeit von Max Pechstein (1881–1955), »Südseeinsulanerinnen im Boot«, und ein weiteres Werk von Erich Heckel mit dem beschreibenden Titel »Südseeinsulanerinnen im Bad« – beides Werke, die auch die Forscher und Forscherinnen der entsprechenden Künstlernachlässe nicht eindeutig zuordnen konnten. Erwähnt wird aber auch eine Bronze »Männlicher Akt« von Alexander Archipenko (1887–1964), zwei Werke von Edwin Scharff (1887–1955), »Die Kauernde« (Tonmodell) und »Aktstudie« in Öl, sowie Bilder und Zeichnungen des Russen Robert Genin (1884–1941): »Die Trauernde«, »Eva im Paradies«, »An der Quelle« in zwei Versionen und die Pastellmalerei »Selbstportrait mit seiner Frau«, die 1985 über den Kunsthandel in den Sammlungsbestand des Kunstforums Ostdeutsche Galerie Regensburg eingeht. Weiterhin listet Schlesing die Arbeit »Zwei liegende Mädchen« von Oscar Kokoschka (1886–1980), »Weidende Kühe« von Richard Seewald (1889–1976), »Elsässische Landschaft« von Großmann (vmtl. Rudolf Großmann, 1882–1941) neben einigen Arbeiten aus der Hand seines Sohnes Heiner auf, die er ihm im Erbgang vermacht. Welchen Umfang die Sammlung Schlesing insgesamt hatte oder wie sie von Emil Schlesing und seinen Ehefrauen Emma und Franziska erworben wurde, lässt sich auf Basis der bisher bekannten Quellen nicht mehr rekonstruieren. Somit bleibt die Provenienzkette von »Frau und Kinder« Inv. 0.0001b von Erich Heckel (https://sammlung.buchheimmuseum.de/werk/0.00001b) aus dem belegten Voreigentum von »Frau Dr. Schlesing, München«, das auf der seit 1955 von Buchheim wiederentdeckten anderen Bildseite »Den Schlafenden Pechstein« zeigt, auch weiterhin lückenhaft.

Wir freuen uns über ergänzende Hinweise aus der Öffentlichkeit.

JL

13.02.2023

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