Schill-Linde in Baumgartenbrück

Theo von Brockhusen

1914

Öl auf Leinwand

Bildmaß 88,5 x 108,0 cm
Rahmenmaß 107,0 x 126,5 x 5,0 cm


Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See


Inventarnummer: 0.00058

Alternativer Titel: Landschaft

Malerei, Ölfarben

Ort: Europa, Deutschland, Brandenburg, Schwielowsee, Geltow


Sammlungsbereich: Gemälde

Künstler/in: Theo von Brockhusen


Reproduktion: Nikolaus Steglich, Starnberg
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Beschreibung

Ein großer Baum mit kurzem Stamm und ausladender Baumkrone steht auf einer Anhöhe und ist von mehreren kleineren Bäumen umgeben. Durch das Blätterdach scheint die Sonne. Im Bildhintergrund hinter dem Hügel liegt ein See. Der Himmel ist strahlend blau, während die Blätter der Baumkrone im Sonnenlicht in kräftigen Grüntönen glänzen. Unter dem Baum, der das zentrale Motiv des Gemäldes ist, steht eine Bank, die zur Rast einlädt. Die lebendigen Grüntöne, in denen von Brockhusen die Vegetation darstellt, lässt die Schlussfolgerung zu, dass das Bild in den Sommermonaten entstand.
Theo von Brockhusen, dessen Pinselführung sich in späteren Werken an die von Vincent van Gogh (1853–1890) anlehnt, hält sich ab 1906 regelmäßig in Baumgartenbrück am Schwielowsee im Havelland auf. Dort entstehen viele seiner Gemälde, die die Landschaft zu unterschiedlichen Jahreszeiten thematisieren. Neben Eindrücken der Umgebung stellt er auch diesen einzelnen, identifizierbaren Baum dar: die »Schill-Linde in Baumgartenbrück«. Der Baum wurde nach Major Ferdinand von Schill (1776–1809) benannt, der hier 1809 am Abend vor der verlorenen Schlacht der 2. Brandenburgischen Husaren-Brigade gegen Napoleon biwakierte. Der Legende nach soll der Preuße an dieser Linde oberhalb der heutigen Gaststätte Baumgartenbrück gestanden haben, bevor seine Männer in den Kampf gegen die französischen Besatzer zogen. Dieser Baum existiert heute nicht mehr, jedoch erinnert ein Gedenkstein sowie eine neu gepflanzte Linde an den historischen Ort.
Aus einem Nachtrag zum Leihvertrag mit dem Freistaat Bayern, den Lothar-Günther Buchheim über eine Entleihe dieses Gemäldes an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München am 25.05.1971 schließt (L. 1287), lässt sich eine Erwerbung des Bildes vor diesem Zeitpunkt rekonstruieren. Ein genauerer Zeitpunkt ließ sich den Korrespondenzen der grob alphabetisch sortierten Archivunterlagen der Eheleute Buchheim (Archiv »Uralt« und Archiv »Künstlerbriefe«) bislang nicht finden. Ein zweiseitiges mit Schreibmaschine geschriebenes Schriftstück, überschrieben mit dem Titel »Erwerbungsgeschichten von Buchheim« vom 03.04.1998, aus dem Archiv des Buchheim Museums liefert einen werkspezifischen Erwerbungshinweis. Darin finden sich von einem unbekannten Dritten schriftlich festgehaltene Aussagen von Lothar-Günther und Diethild Buchheim über die Erwerbungskontexte einiger weniger, oft nicht genau betitelter Gemälde der Eheleute. Diese sind nummerisch sortiert, gelegentlich sind die Informationen nur bruchstückhaft oder in Stichpunkten festgehalten. Unter Nr. 12 heißt es, dass Brockhusens Gemälde eine Schenkung gewesen sei – ohne jedoch den Titel des Gemäldes, das Jahr oder den Namen des Schenkenden zu spezifizieren. Da Buchheim dem bisherigen Kenntnisstand nach nur dieses eine Gemälde Brockhusens besaß, scheint es wahrscheinlich, dass sich die Quellenangabe auf die »Schill-Linde in Baumgartenbrück« bezieht. Ein konkreter Hinweis auf die Herkunft des Gemäldes fehlt jedoch.
Eine erste wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Oeuvre Brockhusens erfolgte 1994 im Rahmen einer Magisterarbeit an der Universität Salzburg durch die Studentin Claudia Böckel. Das Gemälde der Schill-Linde wird darin nicht aufgeführt. Erst der Ausstellungskatalog des Regensburger Museums Ostdeutsche Galerie von 1999 dokumentiert Buchheim als Eigentümer dieser Darstellung der Schill-Linde. Die Katalog-Autoren verweisen darauf, dass Theo von Brockhusen kein eigenes Verzeichnis über seine Gemälde führte und dass die Betitelung seiner Bilder weitgehend unbekannt sei. Auch seien die Überlieferungen aus den Secessionskatalogen unpräzise, Abbildungen fehlen weitgehend. Eine weitere Herausforderung für die Recherchen sind die Geschäftsbücher seiner Händler Paul Cassirer (1871–1926) und Ferdinand Möller (1882–1956), in denen technische Angaben zu den aufgeführten Bildtiteln fehlen. Zwischen von Brockhusen und Möller ergibt sich eine Geschäftsbeziehung ab 1918, nachdem Möller die Geschäftsleitung der Freien Secession Berlin bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1923 übernommen hat, zu deren Vorstand von Brockhusen gehört. Recherchen wurden daher auch in den Archivalien des Ferdinand-Möller-Archivs der Ferdinand-Möller-Stiftung in der Berlinischen Galerie, Berlin, durchgeführt. Es fanden sich jedoch keine korrespondierenden Einträge nach Titel und/oder nummerischen Kennzeichnungen auf der Bildrückseite in der Nachlassliste Brockhusens und dem Wareneingangsbuch von Möller, 1935–39 (BG-KA-N/F.Möller-81-B9). Eine Überprüfung der im Möller-Archiv überlieferten Ausstellungsrezensionen und Ausstellungskataloge konnte ebenfalls keine weiterführenden Erkenntnisse zur Herkunft der »Schill-Linde in Baumgartenbrück« des Buchheim Museums liefern. Auch die Geschäftsunterlagen Paul Cassirers, die im Paul Cassirer Archiv in Zürich überliefert sind, boten keine weiteren werkspezifischen Rechercheanhaltspunkte.

Basierend auf dem spezifisch hier dargestellten Thema der Schill-Linde wurden Übereinstimmungen mit Landschaftsdarstellungen der bis zu diesem Zeitpunkt auf Lostart.de gemeldeten Gemälden ausgeschlossen. Da die Provenienz des Gemäldes für den Zeitraum zwischen 1933 bis 1945 jedoch bislang nicht zweifelsfrei geschlossen werden konnte bzw. eine Provenienzlücke zwischen Entstehung des Gemäldes bis spät. 07/1971 trotz intensiver Recherchen besteht, muss die Herkunft weiter erforscht werden. Wir danken für alle Hinweise.

JL

27.08.2020

Beschriftungen

rekto u. l. signiert (in roter Farbe): v. Brockhusen
Keilrahmen o. l. Klebeetikett (in schwarzem Filzstift beschriftet): 14
Keilrahmen o. m. r. Klebeetikett (bedruckt und in Tusche beschriftet): [Fragment]
Keilrahmen l. m. beschriftet (in blauem Buntstift): 1643 [ober- und unterstrichen]
Keilrahmen l. m. Nass-Stempel (in Schwarz): 88
Keilrahmen l. m. u. Klebeetikett (bedruckt und in Schreibmaschine beschriftet): BAYERISCHE STAATS- / GEMÄLDESAMMLUNGEN / MÜNCHEN / Inv.-Nr. L: 1287 / [Siegel BStGS] / Brockhusen Theo / van [sic] / Landschaft
Keilrahmen l. m. u. beschriftet (in roter Kreide): FYK [?]
Keilrahmen l. u. Klebeetikett (bedruckt und in Schreibmaschine beschriftet): BAYERISCHE STAATS- / GEMÄLDESAMMLUNGEN / MÜNCHEN / Inv.-Nr. L. 1287 / [Siegel BStGS] / Theo / von Brockhusen: [untertsrichen] / Landschaft.
Keilrahmen r. m. Nass-Stempel (in Schwarz): 88

Provenienz

[...]
spät. 05/1971–22.02.2007: Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing
25.05.1971–25.07.2001: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München, entliehen von Lothar-Günther Buchheim (1918–2007), Feldafing
seit 22.02.2007: Buchheim Stiftung, Feldafing/Bernried, erworben im Erbgang von Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und in konkludenter Schenkung von Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing

JL

27.08.2020

Sammlung Buchheim

Ausstellungen

BRÜCKE & SECESSION, Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See, 27.11.2021–26.06.2022

WIR SIND WIEDER DA!, Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See, 21.02.2016–19.06.2016

EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM, Haus der Kunst, München, 29.07.1998–18.10.1998

Literatur

EIN FEST FÜRS AUGE. BUCHHEIMS EXPRESSIONSITEN. EIN SAMMLUNGSFÜHRER, hrsg. v. Daniel J. Schreiber, m. Texten v. Lothar-Günther Buchheim, Claudia Leonore Kreile, Laura Lang, Mira Naß, Benedikt Ohm, Sophia Plaas, Frank Schmidt, Daniel J. Schreiber, Susanne Vierthaler, Ausst.-Kat. Buchheim Museum, Bernried (14.03.–05.07.2015), Kunsthalle Emden (26.09.2015–17.01.2016), Feldafing: Buchheim Verlag, 2015, Abb. S. 105, Erw. S. 104

THEO VON BROCKHUSEN (1882–1919). EIN MALER ZWISCHEN IMPRESSIONISMUS UND EXPRESSIONISMUS, hrsg. v. Gerhard Leistner/Dominik Bartmann, Ausst.-Kat. Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg, 25.07.–10.10.1999, Stadtmuseum Berlin, 28.10.1999–30.01.2000, Regensburg: Museum Ostdeutsche Galerie, 1999, Abb. S. 68, Erw. S. 69

EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM, hrsg. i. Auftrag der »Freunde des Buchheim-Museums und der Buchheim Stiftung e. V.«, m. Texten von Christoph Vitali, Carla Schulz-Hoffmann, Hans Krieger, Clelia Segieth, Lothar-Günther Buchheim, Ellen Maurer, Ausst.-Kat. Haus der Kunst, München (29.07.–18.10.1998), Feldafing: Buchheim Verlag, 1998, Kat. Nr. 675