Blick aufs Gebirge

Erich Heckel

1924

Bleistift, Aquarell und Deckweiß auf Vergé, nach Bombenschaden auf zweiten Bogen Vergé kaschiert

Bildmaß 46,0 x 60,0 cm


Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See


Inventarnummer: 1.00096

Zeichnung, Schwarze Pigmente, Wasserfarben


Sammlungsbereich: Arbeiten auf Papier

Künstler/in: Erich Heckel


© Nachlass Erich Heckel, Hemmenhofen; VG Bild-Kunst, Bonn; Reproduktion: Nikolaus Steglich, Starnberg
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Beschreibung

Die alpine Gebirgswelt fasziniert Erich Heckel (1883–1970) und inspiriert ihn zu Werken in unterschiedlichen Techniken, so auch zu diesem Aquarell. Erste Auslöser sind ab 1921 seine Reisen nach Kärnten, ins Allgäu, ins Salzkammergut und nach Oberbayern, wo er 1924 einen Arbeitsaufenthalt verbringt. Dort muss der Datierung nach auch dieses Aquarell entstanden sein. Heckel monogrammiert und datiert diese Zeichnung nach freundlicher Auskunft des Nachlasses jedoch erst nachträglich. Erkennt er Jahre später das Karwendelgebirge des Mittenwalds, das er hier vermutlich malerisch einfängt? Nicht nur der graue hohe Gebirgszug ist zu sehen, sondern auch die vor dem Gebirge aufblühende bzw. aus dem Winterschlaf erwachende Frühlingslandschaft. Der Schnee im Tal ist bereits getaut, das erste Grün der Natur im Bildvordergrund steht in farblichem Kontrast zu den dahinterliegenden blauen Hügeln und den schroffen noch schneebedeckten Bergen.

Auffällig an der Zeichnung sind die Brandbeschädigungen, die den Bildrand versengt haben und dem Blatt ein unregelmäßiges Format geben, ohne jedoch die malerische Darstellung zu beeinträchtigen. Dieser Hinweis war insbesondere für die Provenienzforschung von Interesse, da die Beschädigung datiert werden kann und damit auch einen Herkunftshinweis ergab. In einer beidseitig beschriebenen Postkarte an seinen Malerkollegen Max Kaus (1891–1977) berichtet Heckel davon, dass seine unter dem Dach befindliche Wohnung und das Atelier bei einem Luftangriff am 30.01.1944 schwer beschädigt wurden. Weiterhin erzählt er seinem Freund, dass die Feuerwehr mit dem Schutt der zerstörten Stockwerke auch ein Paket Aquarelle und Zeichnungen auf die Straße geworfen hat. Die Arbeiten waren ringsum angebrannt, aber im Inneren unversehrt. Die Art der Beschädigung dieses Blattes entspricht genau dieser Beschreibung, so dass sie die Schlussfolgerung zulässt, dass »Blick aufs Gebirge« aus diesem Konvolut stammt. Daraus ergibt sich wiederum ein Beleg dafür, dass die Zeichnung bis mindestens Februar 1944, als Heckel den Brief schrieb, sein Eigentum gewesen sein muss. Der Nachlass Erich Heckel in Hemmenhofen bestätigte diese Hypothese und teilte ergänzend mit, dass diese Zeichnung ein Geschenk aus ihren Beständen an Lothar-Günther Buchheim anlässlich seines 80. Geburtstags gewesen sei. Somit verblieb das Aquarell »Blick aufs Gebirge« bis 1970 im Eigentum des Künstlers, wurde dann an dessen Witwe Sidi Heckel (1891–1982) vererbt und ging nach deren Tod testamentarisch an eine Erbengemeinschaft über, die seither Eigentümerin des Nachlasses ist.

Im Ergebnis führten die Provenienzrecherchen zu einer lückenlos Provenienzkette. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug kann ausgeschlossen werden.

JL

14.04.2023

Beschriftungen

rekto u. l. signiert und datiert (in Bleistift): EH 24

Provenienz

1970–1982: Siddi Heckel, Hemmenhofen, erworben im Erbgang vom Künstler
1982–03/1998: Erbengemeinschaft Erich und Siddi Heckel, Hemmenhofen
03/1998–22.02.2007: Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing, erworben als Schenkung zum 80. Geburtstag vom Nachlass Erich Heckel, Hemmenhofen
seit 22.02.2007: Buchheim Stiftung, Feldafing/Bernried, erworben im Erbgang von Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und in konkludenter Schenkung von Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing

JL

14.04.2023

Sammlung Buchheim

Ausstellungen

ERICH HECKEL. EINFÜHLUNG UND AUSDRUCK, Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See, 31.10.2020/09.03.2021–06.06.2021/20.06.2021

EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM, Haus der Kunst, München, 29.07.1998–18.10.1998

Literatur

ERICH HECKEL. EINFÜHLUNG UND AUSDRUCK, hrsg. v. Daniel J. Schreiber, m. Texten von Felix Billeter, Cosima Dollansky, Andreas Gabelmann, Hans Geissler, Hermann Gerlinger, Angelika Grepmair-Müller, Andreas Hüneke, Claudia Leonore Kreile, Christian Rathke, Daniel J. Schreiber, Heinz Spielmann, Corinna Thamke, Ausst.-Kat. Buchheim Museum, Bernried (31.10.2020–07.03.2021), Bernried: Buchheim Verlag, 2020, Abb. S. 303

EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM, hrsg. i. Auftrag der »Freunde des Buchheim-Museums und der Buchheim Stiftung e. V.«, m. Texten von Christoph Vitali, Carla Schulz-Hoffmann, Hans Krieger, Clelia Segieth, Lothar-Günther Buchheim, Ellen Maurer, Ausst.-Kat. Haus der Kunst, München (29.07.–18.10.1998), Feldafing: Buchheim Verlag, 1998, Kat. Nr. 119 (ohne Abb.)

Weitere Werke