Steile Wand

Beschreibung

Dieses Aquarell »Steile Wand« von Erich Heckel entsteht 1920. Dargestellt sind zwei badende Frauen, die sich vor einer Steilküste am Sandstrand befinden. Eine der Frauen steht mit gekreuzten Beinen, während sie den linken Arm angewinkelt über ihren Oberkörper gelegt und auf ihrer Schulter abgelegt hat. Die andere Frau sehen wir im Profil im Schneidersitz im Sand sitzen. Sie schaut von der Bildseite nach rechts auf das Meer hinaus, das wir nur erahnen können, da es sich außerhalb des rechten Bildrandes befindet.

Im Sammlungsbestand des Buchheim Museums existiert noch ein weiteres Aquarell mit identischem Titel, jedoch von 1919 (vgl. Inv. 1.00164). In einem Brief vom 26. August 1920 berichtet der Künstler seinem Freund, dem Kunsthistoriker Walter Kaesbach (1879–1961), von den Arbeitsmonaten in seinem Sommerhaus an der Flensburger Förde: »Seit Ende Juni kein auch nur warmer Tag. Das ist traurig, weil ich doch baden und Badende zeichnen wollte. Wir werden eine andere Gegend finden müssen, die dafür geeigneter ist durch ausgiebige Sonne. Umso günstiger war der vorjährige Fenstereinbau im Boden; so hatte ich doch etwas Licht. Ich habe eine Menge Aquarelle gemacht, Studien der immer wieder interessanten Bodenbewegungen und bei der starken Feuchtigkeit besonders intensiven Farben der Ferne, außerordentliche Blau, wie ich sie hier noch nicht gesehen hatte.«

Als Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) diese Papierarbeit erstmalig als Teil seiner Sammlung öffentlich in der Ausstellung DIE MALER DER BRÜCKE. SAMMLUNG BUCHHEIM in der Städtischen Galerie in München vom 18. Juni bis 26. Juli 1959 präsentiert, setzt er sich über den vom Künstler vergebenen Titel hinweg und dokumentiert es im begleitenden Ausstellungskatalog mit dem beschreibenden Titel »Zwei Badende vor Steilküste« Möglicherweise wählt er diesen Titel in Abgrenzung zu dem 1919 entstandenen Aquarell »Steile Wand« (Inv. 1.00164).

Buchheims Erwerb dieser Papierarbeit muss vor Mai 1958 zu datieren sein. Rechnungsunterlagen zur »Steilen Wand« von 1920 konnten wir bisher im Archiv der Eheleute Buchheim jedoch nicht finden. Im Rahmen von Recherchen in Auktionskatalogen aus der Privatbibliothek der Eheleute Buchheim konnten wir rekonstruieren, dass Buchheim das Werk in der 31. Auktion des Stuttgarter Kunstkabinetts als Nr. 332 am 16.05.1958 für DM 1.400,– erwirbt, entsprechend seiner Annotationen in einem der Exemplare der Auktionskataloge: darin markiert er das Los durch ein Kreuz und dokumentiert »1.400,–« in Bleistift daneben. Überraschend war die Information, die uns das Archiv Robert Norbert Ketterer freundlich zur Verfügung gestellt hat, dass Buchheim nicht nur als Käufer, sondern auch als Einlieferer von »Steile Wand« in den Geschäftsunterlagen zur Auktion dokumentiert ist. Umseitig befinden sich auf der Papierarbeit mehrere Beschriftungen, darunter aber auch mindestens zwei, die in direkter Beziehung zu der Auktion stehen: zum einen der erwähnte Hammerpreis von unten »1400« mittig auf dem Blatt und unten links die Los-Nummer »332«. Der Kontext, in dem die anderen beiden Beschriftungen in Bleistift angebracht wurden, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. Auch bleibt unklar, wie lange sich das Aquarell vor Mai 1958 in Buchheims Eigentum befunden und von wem er es erworben hat.

Die Provenienz ist für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 nicht eindeutig geklärt, es bestehen Provenienzlücken. Die Herkunft muss weiter erforscht werden. Wir bedanken uns für werkbezogene Hinweise.

JL

18.06.2024