Wanderer am Gebirgsbach

Ernst Ludwig Kirchner

1919

Tusche auf Papier, aus Skizzenbuch herausgetrennt

Bildmaß 20,7 x 16,8 cm


Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See


Inventarnummer: 1.06407

Zeichnung, Tusche


Sammlungsbereich: Arbeiten auf Papier

Künstler/in: Ernst Ludwig Kirchner


Reproduktion: Bildarchiv Buchheim Museum
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Beschreibung

Ein Wanderer mit einer Stiege oder einem Rucksack auf dem Rücken läuft an einem Gebirgsbach entlang den Berg hinunter. Ernst Ludwig Kirchner skizziert diesen Moment mit Tuschfeder auf eine Seite seines Skizzenbuchs, wie die runden Ecken auf der rechten Blattseite erkennen lassen. Clelia Segieth datiert die Zeichnung auf 1919, als sie die Ausstellung UNBEKANNTE SCHÄTZE AUS DER BUCHHEIM'SCHEN EXPRESSIONISTENSAMMLUNG erarbeitet, die vom 08.07. bis 07.10.2012 im Buchheim Museum präsentiert wird. Sie verweist in ihrem Katalogtext darauf, dass Kirchner sich in den Jahren 1919 und 1920 vermehrt mit Wasserfällen und Bergbächen in seinen Gemälden auseinandersetzt. Dies spiegelt sich besonders in dem Skizzenbuch Nr. 66 wieder, für das Gerd Presler dokumentiert, dass in ihm die Themen Stafelalb mit Tinzenhorn, Gebirgslandschaft, Wanderer, Tannenwald, Kühe an der Tränke und ähnliche Motive von Kirchner zeichnerisch festgehalten werden. Die von Presler für dieses Skizzenbuch dokumentierte Größe von 22 x 17,4 cm passt jedoch nicht zur Bildgröße dieser Zeichnung mit 20,7 x 16,8 cm. Wir bedanken uns bei Gerd Prelser für das kollegiale Angebot, sich seinerseits um eine »Rückordnung« der Skizzenblätter Kirchners aus dem Buchheim Museum zu bemühen.

Die Schwierigkeit, die sich für ca. 70 unsignierte, undatierte und kaum mit Herkunftsmerkmalen versehene Papierarbeiten von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Forschungsbestand im Laufe des Projektes ergeben hatte, war es, den richtigen Erwerbungskontext durch Buchheim zu identifizieren und damit auch die werkrelevante Herkunft zu rekonstruieren. Ausgehend von internen Quellenrecherchen innerhalb der Katalogbestände in der Privatbibliothek der Eheleute Buchheim konnte festgestellt werden, dass Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) mindestens zwei Sammelnummern mit insgesamt ca. 130 Blättern von Ernst Ludwig Kirchner zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten im Auktionshaus Kornfeld & Klipstein in Bern erwirbt. Wir danken dem Archiv Kornfeld herzlich für die kollegiale Unterstützung und Bestätigung, dass Buchheim in der Auktion 137 am 18.06.1970 Nr. 635 ein Konvolut »von 30 Blatt Zeichnungen und Skizzen« erwirbt sowie in der Auktion 142 am 10.06.1971 Nr. 543 ein Konvolut »von ca. 100 Blatt Zeichnungen und Skizzen« . Dokumentationen zu dem genauen Inhalt der Sammelnummern gibt es im Archiv der Galerie Kornfeld nicht. Die jeweils leicht unterschiedlichen Losbeschreibungen haben aber eins gemeinsam: beide Lose stammen ehemals aus der Sammlung Lise Gujer aus Davos-Sertig, wie im Katalog dokumentiert ist, auch wenn sie nicht als solche durch einen Stempelabdruck gekennzeichnet wurden. Da uns aufgrund fehlender einzelwerkrelevanter Angaben zu den ca. 130 Papierarbeiten keine Werkidentifizierung möglich war, haben wir ausgehend von den Angaben in den Losbeschreibungen die Zeichnungen Kirchners ihrem Motiv, damit auch ihrem Entstehungszeitraum, ihrer Darstellungsweise oder ihrer Größe nach einem oder alternativ beiden Erwerbungsmomenten zugeordnet. Da jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass Buchheim die eine oder andere Zeichnung Kirchners, die die erwähnten Charakteristika aufweist, in einem völlig anderen Kontext erworben hat, wurden die entsprechenden Provenienzangaben, wie auch bei dieser Zeichnung, mit einem »vermutlich« versehen.

Aufgrund des Motivs und des Darstellungsstils lässt sich diese Tuschezeichnung, wie eingangs erläutert, auf 1919 datieren. Damit kann sie nicht aus der Auktion 137 vom 18.06.1970 stammen, in der »Zeichnungen aus der Dresdner und Berliner Zeit« als Nr. 635 veräußert wurden. Folglich haben wir sie der anderen Sammelnummer 543 zugeordnet, die Buchheim ein Jahr später, am 10.06.1971 erwirbt. Diese Zuordnung relativiert sich in ihrer Bedeutung in Bezug auf den Forschungsauftrag insofern, als dass die Papierarbeiten aus beiden Sammelnummern, wie bereits erwähnt, dieselbe erste Eigentümerin haben: es handelt sich um die Weberin Lise Gujer (1893–1967), die die Papierarbeiten aus Künstlerbesitz oder aus dem Nachlass Kirchners ab spätestens 1946 erwirbt (vgl. Chronologie Sammlung Gujer). Beide Konvolute bleiben bis zu ihrem Tod 1967 in ihrem Besitz. Konkrete werkbezogene Primärquellen gibt es für »Wanderer am Gebirgsbach« jedoch nicht, so dass im Ergebnis nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Herkunft eine andere als die vermutete ist.

So schließen die Recherchen, ohne dass die Provenienz für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 eindeutig geklärt werden konnte. Möglicherweise bestehen Provenienzlücken. Die Herkunft muss bei Gelegenheit weiter erforscht werden.

JL

15.09.2024

Beschriftungen

keine Aufschriften, Stempel oder Etiketten

Provenienz

spät. 1946–1967: vmtl. Lise Gujer (1893–1967), Davos-Sertig, erworben aus Künstlerbesitz oder aus Nachlass Kirchner [1]
1967–10.06.1971: vmtl. Privatsammlung, Schweiz [2]
10.06.1971: Kornfeld & Klipstein, Bern, Auktion 142, vmtl. Nr. 543 Teil von Sammelkonvolut (Werkzuordnung zum Konvolut ungesichert, aber aufgrund von Motiv wahrscheinlich), eingeliefert von Privatsammlung, Schweiz [3]
vmtl. 10.06.1971/spät. 2004–08.03.2014: Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing, erworben vmtl. bei Kornfeld & Klipstein, Auktion 142
seit 08.03.2014: Buchheim Stiftung, Feldafing/Bernried, erworben im Erbgang von Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing

JL

15.09.2024

Sammlung Buchheim
Sammlung Lise Gujer

Literatur

UNBEKANNTE SCHÄTZE AUS DER BUCHHEIM'SCHEN EXPRESSIONISTENSAMMLUNG, hrsg. v. Clelia Segieth, Ausst.-Kat. Buchheim Museum, Bernried (08.07–07.10.2012), Feldafing: Buchheim Verlag, 2012, Kat. Nr. 38, Abb. S. 61, Erw. S. 67

AUKTION 142. MODERNE KUNST DES NEUNZEHNTEN UND ZWANZIGSTEN JAHRHUNDERTS. SAMMLUNG R. VON A., R. H., F. SCH. UND WEITERE SAMMLUNGEN UND BESTÄNDE AUS VERSCHIEDENEN SCHWEIZERISCHEN UND AUSLÄNDISCHEN PRIVATSAMMLUNGEN, Kornfeld & Klipstein, Bern (10.–12.06.1971), Kat. Nr. vmtl. 543

Weitere Werke