Kleine Waldlandschaft

Beschreibung

Um 1924 entstehen mehrere Darstellungen von Landschaften mit Bäumen im Hoch- und Querformat, für die Otto Mueller Tusche, Aquarellfarben oder farbiger Kreide benutzt. Für »Kleine Waldlandschaft« wählt Otto Mueller einen Bildausschnitt, der die Höhe der vier Bäume im Wald dadurch betont, dass er ihre Stämme zum wichtigsten Bildgegenstand macht. Mittig vor uns erhebt sich ein Baum mit dicker Wurzel und schlankem schlangenförmig sich windendem Stamm, der vom unteren bis zum oberen Bildrand reicht und die Darstellung in zwei ungleiche Hälften teilt. Der gesamte obere Bildrand ist geprägt durch ein dichtes Blattgrün. Eine Baumkrone geht in die nächste über. Lücken gibt es nicht. Der Waldboden ist von hohen grünen Gräsern und Farnen bedeckt. Trotz der Dunkelheit der Farben strahlt der Wald nichts Bedrohliches aus. Dafür sorgt der helle Streifen Himmel, der zwischen dem Blätterdach und dichtem Grün des Waldrandes hindurch scheint und den Blick ins Freie lenkt. Mueller erschafft mit zeichnerischen Mitteln ein Spiel der Natur mit Licht und Schatten durch Formen und Farben.

Im Werkverzeichnis von Tanja Pirsig-Marshall und Mario von Lüttichau von 2020 werden keine ergänzenden Herkunftsangaben zu diesem Aquarell gemacht außer einem undatierten Verbleib der Papierarbeit in der Sammlung Buchheim. Offensichtlich hatten die beiden Autoren keinen Zugang zu einer Abbildung der Rückseite, auf der unten rechts der von Muellers Künstlerkollegen Erich Heckel (1883–1970) angebrachte Nachlass-Stempel zu finden ist. Durch den Nachlass-Stempel ist ein Eigentumstransfer an die Erben von Otto Mueller 1931 belegt. Pirsig-Marshall und Lüttichau verweisen im Vorwort des Werkverzeichnisses darauf, dass eine Reihe von Werken aus dem Nachlass zwischen der ersten Ehefrau Maschka Mueller (1880–1952) und der dritten, Elfriede Timm (1904–1979), aufgeteilt wird. Der größte Teil wird der zweiten Ehefrau, Elsbeth Herbig (1902–1977) in Vertretung für den damals noch minderjährigen Sohn, Josef Mueller-Herbig, übergeben. Maschka Mueller steht danach im Austausch mit der Galerie Nierendorf, während Elsbeth Herbig bzw. Josef Mueller-Herbig mit den Künsthändlern Günther Franke (1900–1976) und Axel Vömel (1897–1985) zusammenarbeiten. Die weiteren beiden Beschriftungen, die sich auf der Blattrückseite befinden, müssten aufgrund der Preisangabe »180.–« in einem Verkaufs- bzw. Ausstellungskontext angebracht worden sein. Die Buchstabenkombination »Go I H« konnte bisher keinem uns bekannten Kunsthändler, Auktionshaus oder einer Verkaufsausstellung zugeordnet werden.

Als »Landschaft mit drei Bäumen« und Teil der Sammlung Buchheim wird die Papierarbeit erstmalig in der Ausstellung EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM, 1981 in Köln und anschließend bis 1990 auf der weltweiten Tournee der Öffentlichkeit präsentiert. Der Erwerb des Aquarells muss entsprechend vorher liegen und kann aufgrund fehlender Primärquellen im Archiv der Eheleute Buchheim und dem Buchheim Museum vorerst nur vage auf »vor 1981« rekonstruiert werden.

Die Provenienz ist für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 nicht eindeutig geklärt, es bestehen Provenienzlücken. Die Herkunft muss weiter erforscht werden. Wir danken für weiterführende werkbezogene Hinweise.

JL

26.08.2024