Badende

Otto Mueller

um 1923

Schwarze Kreide und Aquarell auf Karton

Bildmaß 67,3 x 50,3 cm


Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See


Inventarnummer: 1.00330

Alternativer Titel: Akte in trübem Wasser; Bathers

Zeichnung, Schwarze Pigmente, Wasserfarben

KVZ/WVZ: Pirsig-Marshall/Lüttichau P1923/41 (822); Lüttichau/Pirsig 822


Sammlungsbereich: Arbeiten auf Papier

Künstler/in: Otto Mueller


Reproduktion: Nikolaus Steglich, Starnberg
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Beschreibung

Auch diese von Otto Mueller mit schwarzer Kreide und Aquarellfarbe gefertigte Zeichnung zeigt zwei weibliche Akte beim Baden. Es ist ein Bildthema, das Muellers Oeuvre prägt. Die Farbgebung dieser Darstellung, die um 1923 entsteht und den umseitig überlieferten Titel »Badende« trägt, ist jedoch anders, als er sie für andere Badende wählt. Denn die beiden nackten Frauen stehen in einem Fluss, der bräunlich trübe ist und nicht strahlend blau, wie wir es sonst von Muellers Badedarstellungen kennen. Möglicherweise hat es stark geregnet und der Strom, der sich weit ins Bild erstreckt, führt Erde mit sich, die das Wasser eingetrübt hat. Vielleicht nutzt Mueller aber auch seine künstlerische Freiheit und experimentiert mit den Farben, um neue Bildeffekte zu erzielen. Auf der Blattrückseite ist nicht nur der generische Titel »Badende« dokumentiert, sondern auch der alternative Bildtitel »Akte in trübem Wasser«. Der verso angebrachte Abdruck des Otto-Mueller-Nachlass-Stempels, der von Erich Heckel (1883–1970) zur Verwaltung des künstlerischen Nachlasses des bereits 1930 verstorbenen »Brücke«-Kollegen verwendet wurde, belegt den Eigentumstransfer an die Erben Mueller 1931. Ein weiterer Herkunftshinweis ist die ebenfalls verso überlieferte Beschriftung »unverkäuflich« .

Pirsig-Marshall und Lüttichau erläutern im Vorwort zum Werkverzeichnis von 2020, dass ein Teil der von Otto Mueller nachgelassenen Werke unter der ersten und dritten Ehefrau, Maschka Mueller (1880–1952) und Elfriede Timm (1904–1979), aufgeteilt werden. Der größte Anteil wird seinem Sohn, Josef Mueller-Herbig (1925–1992), zugesprochen. Da dieser 1931 noch minderjährig ist, wird er an seine Mutter, Muellers zweite Ehefrau, Elsbeth Herbig, geb. Lübke (1902–1977), übergeben. Herbig arbeitet infolgedessen mit den Kunsthändlern Axel Vömel aus Düsseldorf und Günther Franke in München zusammen, ebenso wie ihr Sohn Josef Mueller-Herbig, der Franke am 29.10.1964 bittet, Buchheim für seine verlegerischen Tätigkeiten Werke aus dem Nachlass, die Franke als Kommissionsware in München hat, zur Verfügung zu stellen. Auch weist er Buchheim darauf hin, dass seine Mutter noch Werke habe, die dieser bei der Planung für bevorstehende Publikationen berücksichtigen könne. Anders als das Aquarell »Stehender Akt« von Mueller im Sammlungsbestand des Buchheim Museums (Inv. 1.00316), das vergleichbar auf der Blattrückseite mit dem Nachlass-Stempel und dem Hinweis »unverkäuflich« gekennzeichnet wurde und somit eine parallele Provenienz aufweisen könnte, benutzt Buchheim »Badende« nicht als Bildvorlage für eine seiner Publikationen über Otto Mueller, die 1963 und 1968 erscheinen. Auch für den 1966 im Buchheim Verlag erschienen Kunstkalender für 1967 mit Werken von Otto Mueller wird es nicht als Bildvorlage benutzt. Tatsächlich fragt Buchheim Mueller-Herbig am 12. Mai 1964 konkret, ob dieser ihm nicht ein Aquarell verkaufen könne. Mueller-Herbig antwortet Buchheim darauf postwendend zwei Tage später: »Weiterhin muß ich Ihnen sagen, daß ich nicht an Verkauf denke, weder über Herrn Günther Franke, noch direkt an Sie. Die Blätter liegen schon seit Jahren bei Herrn Franke unverkäuflich.« Denkbar ist natürlich aber trotzdem, dass Mueller-Herbig seine Meinung zu einem späteren Zeitpunkt ändert, denn Buchheims Sohn, Yves Buchheim (* 1949), erinnert sich an mindestens einen Besuch Mueller-Herbigs im Haus Buchheim in Feldafing am 16.12.1963. Mueller-Herbig hatte mehrere komplette Exemplare der sogenannten {Zigeunermappe} von 1927 von Otto Mueller geerbt und verkaufte an dem von Yves Buchheim genau benannten Tag ein Exemplar an Lothar-Günther Buchheim, für das dieser mit Bargeld und einem Ölbild, einer »Variation« von Alexej von Jawlensky (1864–1941), bezahlt habe. Ein Geschäft, über das sich Buchheim sehr gefreut haben soll.

Grundsätzlich kann die Papierarbeit aber auch über Maschka Mueller und die Verwandten, die mit ihr und Otto Mueller in Beziehung standen, an Buchheim verkauft worden sein. Denn nachweislich stand Buchheim »in ständiger Verbindung mit Herrn Eugen Meyerhofer [sic] und Herrn Josef Meyerhofer [sic]«, wie er gegenüber Mueller-Herbig in einem Brief vom 05.01.1958 bestätigt. Eugen Mayerhofer (1901–unbekannt) war der Sohn von Maschkas Schwester Emma Franziska Mayerhofer (1878–unbekannt), und lebte zeitweise bei dem Künstler und seiner Frau. In Briefen an Maschka bezieht sich Mueller auf Eugen, den er auch als Modell nutzte. Auch Josef Mayerhofer (Lebesdaten unbekannt), Eugens Halbbruder, stand in Beziehung zu Mueller, der ihn in Briefen als »Peppi« mit bedenkt. Buchheim bestätigt ergänzend in einem späteren Brief vom 22.02.1960 gegenüber Mueller-Herbig sogar, dass er von Josef Mayerhofer »vor langer Zeit schon ein Bild von Otto Mueller« erworben habe. Bei dem »Bild« dürfte es sich der Bezeichnung nach jedoch nicht um dieses Aquarell gehandelt haben, das Buchheim dem Medium nach eher als Grafik, Aquarell oder Papierarbeit und nicht als »Bild« bezeichnet hätte.

Im Ergebnis kann also weder abschließend rekonstruiert werden, wie lange »Badende« im Eigentum der Erben Muellers verbleibt, noch über welchen Handelsweg Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) das Blatt für seine Sammlung erwirbt, denn auch ein Erwerb über bisher unbekannte Dritte wie Händler oder Auktionshäuser ist ohne die Kenntnis von weiteren werkbezogenen Quellen nicht auszuschließen. Als Teil seiner Sammlung präsentiert Buchheim »Badende« erstmalig in der Ausstellung EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM. ARBEITEN AUF PAPIER, die vom 10. September bis 15. Oktober 1989 im Ulmer Museum veranstaltet wird. Buchheims Erwerb kann somit bis auf Weiteres nur vage auf »vor Herbst 1989« eingegrenzt werden.

Die Provenienz ist für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 nicht eindeutig geklärt, es bestehen Provenienzlücken. Die Herkunft muss weiter erforscht werden. Wir danken für weiterführende werkbezogene Hinweise.

JL

29.08.2024

Beschriftungen

verso u. l. beschriftet (in Bleistift): 1.00330
verso u. l. betitelt (in Bleistift): Akte in trübem [?] Wasser
verso u. r. betitelt (in Bleistift): »Badende«
verso u. r. beschriftet (in Bleistift): unverkäuflich.
verso u. r. Nass-Stempel (in Schwarz, in Bleistift signiert): O. M. / Nachlass / Prof. Otto Mueller / Breslau Heckel [L.1829d]

Provenienz

1930: Nachlass Otto Mueller
1931–o. D.: Erben des Künstlers
[...]
spät. 1989–22.02.2007: Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing
seit 22.02.2007: Buchheim Stiftung, Feldafing/Bernried, erworben im Erbgang von Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und in konkludenter Schenkung von Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing

JL

29.08.2024

Sammlung Buchheim

Ausstellungen

EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM, Haus der Kunst, München, 29.07.1998–18.10.1998

EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM. ARBEITEN AUF PAPIER, Ulmer Museum, Ulm, 10.09.1989–15.10.1989

Literatur

Tanja Pirsig-Marshall, Mario-Andreas von Lüttichau: OTTO MUELLER. CATALOGUE RAISONNÉ, hrsg. v. Markus Eisenbeis für Van Ham Art Publications GmbH, Köln, Leipzig: E. A. Seemann Verlag in der E. A. Seemann Henschel GmbH & Co. KG, 2020, Kat. Nr. P1923/41 (822), Abb. S. 125 o. l.

OTTO MUELLER. WERKVERZEICHNIS DER GEMÄLDE UND ZEICHNUNGEN, hrsg. v. Tanja Pirsig, Mario-Andreas von Lüttichau, 2008, Kat. Nr. 822

EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM, hrsg. i. Auftrag der »Freunde des Buchheim-Museums und der Buchheim Stiftung e. V.«, m. Texten von Christoph Vitali, Carla Schulz-Hoffmann, Hans Krieger, Clelia Segieth, Lothar-Günther Buchheim, Ellen Maurer, Ausst.-Kat. Haus der Kunst, München (29.07.–18.10.1998), Feldafing: Buchheim Verlag, 1998, Kat. Nr. 260

EXPRESSIONISTEN. SAMMLUNG BUCHHEIM. ARBEITEN AUF PAPIER, Ausst.-Kat. Ulmer Museum, Feldafing: Buchheim Verlag, 1989, Kat. Nr. 169 (ohne Abb.)

Weitere Werke