Sammlung Bernard-Robinson
Käte Bernard, geb. Borgzinner, kommt 1883 zur Welt. 1915 heiratet sie in erster Ehe den Kaufmann Hugo Robinson (1888–1924) in Berlin. Beide sind laut Heiratsurkunde jüdischen Glaubens. Robinson betreibt zusammen mit dem Unternehmer Michaelis Israelski (Lebensdaten unbekannt) den Schuhhandel Israelski & Robinson, der sich 1921 in der Spandauerstraße 11 befindet, danach jedoch umzieht und ab 1924 auf der Fischerinsel in der Roßstraße 21–24 in Berlin seinen Unternehmenssitz hat. Robinson ist am 15.08.1922 im Deutschen Reichsanzeiger auch als einer der Gründer der Gesellschaft »Fröhlich & Lipmann, AG, Firmensitz: Düsseldorf« dokumentiert, einem Unternehmen, das ebenfalls mit Schuhwaren aller Art handelt. 1924 wird Hugo Robinson gemäß Berliner Telefonbuch mit privater Anschrift in der Tribergerstraße 7 in Berlin-Schmargendorf geführt. Laut Diethild Buchheims (1922–2014) Erinnerungen an die Sammlerin Käte Bernard-Robinson, von denen Markus Krause im Werkverzeichnis zur Grafik von Max Kaus berichtet, begeht Hugo Robinson 1924 Suizid. Auch wenn keine Todesanzeige gefunden werden konnte, passt die Angabe in die Überlieferung für Israelski als alleiniger Vorstand des Schuhhandels für das Jahr 1925 im Berliner Adressbuch sowie für die Registrierung des Fernanschlusses für die »Witwe K. Robinson«.
Vermutlich lernt Käte Robinson ihren zweiten Ehemann, den aus dem Elsass stammenden Bildhauer Joseph Victor Bernard (1888–1970), in Berlin kennen. Am 01.05.1925 heiraten sie. Ein Jahr später wird die gemeinsame Tochter Huguette Yvonne Bernard in Berlin-Charlottenburg geboren. Ab spätestens 1928 wohnen die Bernards gemeinsam in der Tribergerstraße 7 in Berlin-Wilmersdorf. Von August 1932 bis zu ihrer Emigration im Herbst 1933 lebt die Familie in der Bastianstraße in Berlin-Dahlem. Aufgrund ihrer Heirat mit Victor Bernard wird Bernard-Robinson französische Staatsbürgerin, aufgrund ihrer Konfessionszugehörigkeit aber als sogenannte »Volljüdin« durch das NS-Regime verfolgt. Der Bildhauer Bernard skizziert in den Auswanderungsunterlagen gegenüber dem Landesamt für Finanzen 1933 einen Lebensentwurf, der schon länger vorsah nach Frankreich auszuwandern und dort nicht nur ein Haus für die Familie, sondern auch ein Atelier für sich zu erwerben. Der Wunsch Kunsthandel zu betreiben, wird ebenfalls erwähnt. Die Entschädigungsakte von Käte Bernard enthält keine Informationen zur Kunstsammlung. Der überlieferte Antrag bezieht sich auf Ansprüche aus Schäden an Vermögen, insbesondere durch die Zwangsversteigerung von Immobilien in Berlin.
Als frühe Sammlerin des Expressionismus und Leihgeberin zeitgenössischer Kunst u. a. von Gemälden von Otto Mueller (1874–1930), Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938), Lyonel Feininger (1971–1956), Karl Schmidt-Rottluff (1874–1976), Erich Heckel (1883–1970), aber auch Arbeiten von Herbert Garbe (1888–1945) und Emmy Roeder (1890–1971) tritt Käte Bernard mit dem Doppelnamen »Bernard-Robinson« in Leihkorrespondenz für mehrerer Ausstellung der National-Galerie in Berlin und dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste in Breslau zwischen 1919 und 1931 in Erscheinung.
Das Ehepaar Buchheim erwirbt ab ca. 1955 laut hauseigener Recherchen (vgl. Objektbeschreibungen) mehrere Werke von dem Ehepaar Bernard, wie u. a. das Gemälde »Drei Akte vor dem Spiegel« von Otto Mueller, als die Bernards bereits aus Deutschland geflüchtet sind und sich in der Nähe von Paris, in Bellevue im Departement Seine-et-Oise, in Frankreich niedergelassen haben. Diethild Buchheim erinnert sich an Hugo Robinson als den Impulsgeber für den Aufbau der Kunstsammlung und bezieht sich auf das Ehepaar Bernard u. a. als Vorbesitzer eines großen Konvoluts an Grafik von Max Kaus. Beschriftungen in Bleistift wie z. B. auf dem Titelblatt der »Kestner-Mappe« Ed. AP 3 (Inv. 1.00743_S) »Frau K. und Herrn H. Robinson / herzlich Ge u. MKaus« bestätigen diese Erinnerungen. Yves Buchheim erinnert sich ebenfalls an eine persönliche Begegnung mit Käte Bernard-Robinson sowie Kauferwerbungen, die in diesem Zusammenhang getätigt wurden.
Der bisher gefundene Schriftverkehr aus dem Privatarchiv der Eheleute Buchheim datiert eine Bekanntschaft zwischen dem Ehepaar Käte und Victor Bernard und den Eheleuten Buchheim zwischen März 1958 und März 1962. Da das Privatarchiv der Eheleute Buchheim jedoch noch nicht erschlossen und so nur einzelne Bestände im Rahmen des Provenienzforschungsprojektes überprüft werden konnten, ist dieser Forschungsstand als temporär zu bewerten. Aus der Korrespondenz geht Lothar-Günther Buchheims allgemeines Interesse an Erwerbungen hervor, belegt ist in einem Brief vom 14.03.1958 sein Interesse an mehreren »Blättern« (ohne weitere Bezeichnung), einem Feininger und einem Rohlfs. Zwar gibt es in der Sammlung des Buchheim Museums einige Blätter von Feininger und von Rohlfs, aber nur ein Gemälde von Christian Rohlfs »Hexe mit Hänsel und Gretel« (Inv. 0.00055) um 1923. Für dieses ist jedoch derzeit durch eine öffentliche Auktion im Jahr 1961 nur der Vorbesitz durch eine Kölner Privatsammlung in diesem Zeitraum belegbar.
Schließlich bezieht sich aber auch der Künstler Max Kaus (1891–1977) in einem Brief vom 27.11.1957 auf Buchheims erfolgreiche Erwerbungen seiner Arbeiten aus der Sammlung Bernard, in dem er schreibt: »Da haben Sie ja; auch wenn Sie die Blätter preiswert bekommen haben sollten; was ich wohl glaube beim heutigen Stand meiner Dinge, allerlei investiert. Sie haben aber diese Blätter, von denen es nie viele Exemplare gab, sozusagen gerettet, denn wohin sie wohl in Frankreich verschlagen wären, ist nicht abzusehen. Da mir alle Unterlagen darüber fehlen, wieviel Graphik ich machte und wieviele Blätter jeweils von einem Stein oder Stock existieren, so kann ich Näheres garnicht sagen. Mein sogenanntes Graphikbuch darinnen waren alle Blätter eingetragen mit Bezeichn. [,] Stückzahl u.s.w., ist ja mit allem Anderem verbrannt[.] Ich muss Ihnen noch einmal sagen, wie dankbar ich Ihnen für das Zusammentragen dieser Blätter bin. Im Ganzen gesehen bilden sie dann doch wohl mit einen Beweis dafür, dass der Expressionismus sich fortsetzte.« Auch ein kurzer Briefwechsel zwischen Buchheim und der Künstlerwitwe Hanna Mataré (1891–1983) aus Büderich, gibt Auskunft über die Beziehung zwischen Buchheim und der Sammlerin Käte Bernard bzw. Bernards fortschreitende Veräußerung ihrer Sammlung, in der sich auch »vier Blätter« von Ewald Mataré (1887–1965) befunden haben müssen, die seine Frau zurückerwerben möchte. Mindestens ein Werk aus dem Vorbesitz der Sammlung Bernard taucht auch auf einer öffentlichen Auktion 1955 im Stuttgarter Kunstkabinett auf.
Der freundlichen Auskunft des Stadtarchivs Meudon nach, sind Käte und Victor Bernard innerhalb der Volkszählungen der Jahre 1936, 1946 und 1954 in Bellevue, einem Stadtteil von Meudon, damals im Département Seine-et-Oise, heute Hauts-de-Seine, registriert worden. Auch die Postanschrift, die das Ehepaar Buchheim verwendet, bezieht sich auf Bellevue. Unter der Anschrift der Eltern ist für das Jahr 1954 ebenfalls die Tochter mit ihrem amerikanischen Ehemann belegt. Über den weiteren Lebensweg der Sammlerin oder ihren Tod ist uns bisher nichts bekannt.
JL
06.05.2021
Vermutlich lernt Käte Robinson ihren zweiten Ehemann, den aus dem Elsass stammenden Bildhauer Joseph Victor Bernard (1888–1970), in Berlin kennen. Am 01.05.1925 heiraten sie. Ein Jahr später wird die gemeinsame Tochter Huguette Yvonne Bernard in Berlin-Charlottenburg geboren. Ab spätestens 1928 wohnen die Bernards gemeinsam in der Tribergerstraße 7 in Berlin-Wilmersdorf. Von August 1932 bis zu ihrer Emigration im Herbst 1933 lebt die Familie in der Bastianstraße in Berlin-Dahlem. Aufgrund ihrer Heirat mit Victor Bernard wird Bernard-Robinson französische Staatsbürgerin, aufgrund ihrer Konfessionszugehörigkeit aber als sogenannte »Volljüdin« durch das NS-Regime verfolgt. Der Bildhauer Bernard skizziert in den Auswanderungsunterlagen gegenüber dem Landesamt für Finanzen 1933 einen Lebensentwurf, der schon länger vorsah nach Frankreich auszuwandern und dort nicht nur ein Haus für die Familie, sondern auch ein Atelier für sich zu erwerben. Der Wunsch Kunsthandel zu betreiben, wird ebenfalls erwähnt. Die Entschädigungsakte von Käte Bernard enthält keine Informationen zur Kunstsammlung. Der überlieferte Antrag bezieht sich auf Ansprüche aus Schäden an Vermögen, insbesondere durch die Zwangsversteigerung von Immobilien in Berlin.
Als frühe Sammlerin des Expressionismus und Leihgeberin zeitgenössischer Kunst u. a. von Gemälden von Otto Mueller (1874–1930), Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938), Lyonel Feininger (1971–1956), Karl Schmidt-Rottluff (1874–1976), Erich Heckel (1883–1970), aber auch Arbeiten von Herbert Garbe (1888–1945) und Emmy Roeder (1890–1971) tritt Käte Bernard mit dem Doppelnamen »Bernard-Robinson« in Leihkorrespondenz für mehrerer Ausstellung der National-Galerie in Berlin und dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste in Breslau zwischen 1919 und 1931 in Erscheinung.
Das Ehepaar Buchheim erwirbt ab ca. 1955 laut hauseigener Recherchen (vgl. Objektbeschreibungen) mehrere Werke von dem Ehepaar Bernard, wie u. a. das Gemälde »Drei Akte vor dem Spiegel« von Otto Mueller, als die Bernards bereits aus Deutschland geflüchtet sind und sich in der Nähe von Paris, in Bellevue im Departement Seine-et-Oise, in Frankreich niedergelassen haben. Diethild Buchheim erinnert sich an Hugo Robinson als den Impulsgeber für den Aufbau der Kunstsammlung und bezieht sich auf das Ehepaar Bernard u. a. als Vorbesitzer eines großen Konvoluts an Grafik von Max Kaus. Beschriftungen in Bleistift wie z. B. auf dem Titelblatt der »Kestner-Mappe« Ed. AP 3 (Inv. 1.00743_S) »Frau K. und Herrn H. Robinson / herzlich Ge u. MKaus« bestätigen diese Erinnerungen. Yves Buchheim erinnert sich ebenfalls an eine persönliche Begegnung mit Käte Bernard-Robinson sowie Kauferwerbungen, die in diesem Zusammenhang getätigt wurden.
Der bisher gefundene Schriftverkehr aus dem Privatarchiv der Eheleute Buchheim datiert eine Bekanntschaft zwischen dem Ehepaar Käte und Victor Bernard und den Eheleuten Buchheim zwischen März 1958 und März 1962. Da das Privatarchiv der Eheleute Buchheim jedoch noch nicht erschlossen und so nur einzelne Bestände im Rahmen des Provenienzforschungsprojektes überprüft werden konnten, ist dieser Forschungsstand als temporär zu bewerten. Aus der Korrespondenz geht Lothar-Günther Buchheims allgemeines Interesse an Erwerbungen hervor, belegt ist in einem Brief vom 14.03.1958 sein Interesse an mehreren »Blättern« (ohne weitere Bezeichnung), einem Feininger und einem Rohlfs. Zwar gibt es in der Sammlung des Buchheim Museums einige Blätter von Feininger und von Rohlfs, aber nur ein Gemälde von Christian Rohlfs »Hexe mit Hänsel und Gretel« (Inv. 0.00055) um 1923. Für dieses ist jedoch derzeit durch eine öffentliche Auktion im Jahr 1961 nur der Vorbesitz durch eine Kölner Privatsammlung in diesem Zeitraum belegbar.
Schließlich bezieht sich aber auch der Künstler Max Kaus (1891–1977) in einem Brief vom 27.11.1957 auf Buchheims erfolgreiche Erwerbungen seiner Arbeiten aus der Sammlung Bernard, in dem er schreibt: »Da haben Sie ja; auch wenn Sie die Blätter preiswert bekommen haben sollten; was ich wohl glaube beim heutigen Stand meiner Dinge, allerlei investiert. Sie haben aber diese Blätter, von denen es nie viele Exemplare gab, sozusagen gerettet, denn wohin sie wohl in Frankreich verschlagen wären, ist nicht abzusehen. Da mir alle Unterlagen darüber fehlen, wieviel Graphik ich machte und wieviele Blätter jeweils von einem Stein oder Stock existieren, so kann ich Näheres garnicht sagen. Mein sogenanntes Graphikbuch darinnen waren alle Blätter eingetragen mit Bezeichn. [,] Stückzahl u.s.w., ist ja mit allem Anderem verbrannt[.] Ich muss Ihnen noch einmal sagen, wie dankbar ich Ihnen für das Zusammentragen dieser Blätter bin. Im Ganzen gesehen bilden sie dann doch wohl mit einen Beweis dafür, dass der Expressionismus sich fortsetzte.« Auch ein kurzer Briefwechsel zwischen Buchheim und der Künstlerwitwe Hanna Mataré (1891–1983) aus Büderich, gibt Auskunft über die Beziehung zwischen Buchheim und der Sammlerin Käte Bernard bzw. Bernards fortschreitende Veräußerung ihrer Sammlung, in der sich auch »vier Blätter« von Ewald Mataré (1887–1965) befunden haben müssen, die seine Frau zurückerwerben möchte. Mindestens ein Werk aus dem Vorbesitz der Sammlung Bernard taucht auch auf einer öffentlichen Auktion 1955 im Stuttgarter Kunstkabinett auf.
Der freundlichen Auskunft des Stadtarchivs Meudon nach, sind Käte und Victor Bernard innerhalb der Volkszählungen der Jahre 1936, 1946 und 1954 in Bellevue, einem Stadtteil von Meudon, damals im Département Seine-et-Oise, heute Hauts-de-Seine, registriert worden. Auch die Postanschrift, die das Ehepaar Buchheim verwendet, bezieht sich auf Bellevue. Unter der Anschrift der Eltern ist für das Jahr 1954 ebenfalls die Tochter mit ihrem amerikanischen Ehemann belegt. Über den weiteren Lebensweg der Sammlerin oder ihren Tod ist uns bisher nichts bekannt.
JL
06.05.2021
Werke
Literatur
Nr. 57: Herbert Garbe, Relief, Nr. 58: Herbert Garbe, Stehendes Mädchen, Holz, Nr. 59: Herbert Garbe, Bildnis Bernard, Holz, Nr. 159: Emmy Roeder, Esel, Holz, Darleiher: Käte Bernard-Robinson, Schmargendorf: , in: ZWEITE AUSSTELLUNG NACH-IMPRESSIONISTISCHER KUNST AUS BERLINER PRIVATBESITZ, Ausst.-Kat. National-Galerie, Berlin (07/1928), Kat. 57, 58, 59, 159MAX KAUS. GRAPHIK. LITHOGRAPHIEN, HOLZSCHNITTE, RADIERUNGEN. SAMMLUNG BUCHHEIM, Ausst.-Kat. Altonaer Museum in Hamburg (31.10.–25.11.1973), Feldafing: Buchheim Verlag, 1973
Markus Krause: MAX KAUS. WERKVERZEICHNIS DER DRUCKGRAFIK, München: Hirmer Verlag, 2016, S. 11–12
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