Zwei Kokotten auf der Straße
Ernst Ludwig Kirchner
1914
Bleistift auf Papier, aus Skizzenbuch herausgetrennt
Bildmaß 20,0 x 16,5 cm
Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See
Inventarnummer: 1.00283
Alternativer Titel: Kokotten
Zeichnung, Schwarze Pigmente
Sammlungsbereich:
Arbeiten auf Papier
Künstler/in: Ernst Ludwig Kirchner
Reproduktion: Bildarchiv Buchheim Museum
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Beschreibung
Thema dieser Darstellung ist das städtische Leben, in dessen Mitte zwei fein gekleidete Damen posieren. Ernst Ludwig Kirchner zeichnet diese mit kurzen, heftigen Strichen, mit denen er eckige Konturen erzeugt. Die zwei Kokotten tragen lange Mäntel und Hüte, auf denen Federn stecken, was ihre Silhouette verstärkt in die Länge zieht. Ihre Haltung ist grazil, lässig und kokettierend. Abgeleitet von diesem Adjektiv ergibt sich der Begriff der »Kokotten«, der »leichte Mädchen oder elegante Halbweltdamen« bezeichnet. Die Kunsthistorikern Magdalena M. Moeller datiert Kirchners Hinwendung zu dem Motiv der Kokotten auf Ende 1913 und schätzt dieses »als Ergebnis seiner Auseinandersetzung mit der expressionistischen Literatur und Dichtung und zu einem großen Teil wohl auch aufgrund seines engen Kontaktes zu Alfred Döblin« ein.Der Titel der Bleistiftzeichnung stammt in typisch Schweizer Schreibweise aus dem Auktionskatalog, in dem die Zeichnung unserer Kenntnis nach erstmalig im Kunstmarkt zum Erwerb angeboten und von Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) am 21.06.1985 in der Auktion 189 der Galerie Kornfeld in Bern als Los-Nr. 35 zusammen mit zwei anderen Zeichnungen aus der Sammlung Hans Bolliger (1915–2002), Zürich, erworben wird. Bolliger arbeitete seit 1922/23 mit Lise Gujer (1893–1967), der Teppichwirkerin, zusammen, die zeitgleich begann, Kirchners Entwürfe in Wirkereien umzusetzen. Von ihr kauft er laut eigener Auskunft Fotos, illustrierte Bücher und Dokumente Kirchners. Unerwähnt bleibt in Bolligers undatiertem Interview mit Gerd Presler der Erwerb von Zeichnungen. Der Kunsthändler Eberhard Kornfeld (1923–2023) erinnert sich gegenüber Presler jedoch, dass er und Bolliger nach 1956 Erwerbungen von Einzelblättern tätigten, die stapelweise bei Lise Gujer vorhanden gewesen seien. Der umseitig auf der Zeichnung »Zwei Kokotten auf der Straße« angebrachte Nachlass-Stempel von Lise Gujer dokumentiert ihr Voreigentum.
Die Provenienz für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 rekonstruierbar und unbedenklich. Sie schließt einen NS-verfolgungsbedingten Hintergrund aus, eine weitere Überprüfung ist nicht notwendig.
JL
29.09.2023
Beschriftungen
verso u. l. Nass-Stempel (in Blau, in Bleistift beschriftet): Nr. 119 / aus dem Nachlass von / Fräulein Lise Gujer, Davos-Sertig / 13.3.1967verso u. m. beschriftet (in Bleistift): 1.00283
verso u. r. beschriftet (in Bleistift): 1,5
Provenienz
spät. 1946–1967: Lise Gujer (1893–1967), Davos-Sertig, erworben aus Künsterbesitz oder vom Nachlass Ernst Ludwig Kirchnervmtl. 1950er–21.06.1985: Hans Bolliger (1915–2002), Zürich, vmtl. erworben von Lise Gujer, Davos-Sertig
21.06.1985: Galerie Kornfeld, Bern, Auktion 189, Nr. 35, eingeliefert von Hans Bolliger, Zürich
21.06.1985–08.03.2014: Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing, erworben von Galerie Kornfeld, Auktion 189
seit 08.03.2014: Buchheim Stiftung, Feldafing/Bernried, erworben im Erbgang von Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing
JL
29.09.2023
Sammlung Lise Gujer
Sammlung Buchheim
Literatur
UNBEKANNTE SCHÄTZE AUS DER BUCHHEIM'SCHEN EXPRESSIONISTENSAMMLUNG, hrsg. v. Clelia Segieth, Ausst.-Kat. Buchheim Museum, Bernried (08.07–07.10.2012), Feldafing: Buchheim Verlag, 2012, Kat. Nr. 34, Abb. S. 53, Erw. S. 67AUKTION 189. ERNST LUDWIG KIRCHNER. WERKE - DOKUMENTE - BÜCHER. DIE SAMMLUNG HANS BOLLIGER UND BEITRÄGE AUS VERSCHIEDENEN SCHWEIZERISCHEN UND AUSLÄNDISCHEN PRIVATSAMMLUNGEN, Galerie Kornfeld, Bern (21.06.1985), Kat. Nr. 35, Erw. S. 16
Weitere Werke
- Katze, o. J.
- Französische Tänzerin, 1909
- Badende am Strand von Fehmarn, 1913
- Eispalast-Tänze gepant als Titelblatt der Zeitschrift »Zeit im Bild«, Berlin (nicht verwendet), 1912
- Zirkusmanege mit springendem Pferd, 1905
- Rapphengst, Reiterin und Clown, 1909
- Varietésängerin im Kostüm, 1909
- Porträt des Malers Müller, 1925
- Vier Badende, 1913
- Plakat der Ausstellung »Graphik von E. L. Kirchner«, Galerie Aktuaryus Zürich, 1927