Clownsnummer
Ernst Ludwig Kirchner
1909/10
Bleistift auf Papier, kariert, aus Skizzenbuch herausgetrennt
Bildmaß 15,7 x 20,0 cm (beschnitten)
Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See
Inventarnummer: 1.06402
Zeichnung, Schwarze Pigmente
Sammlungsbereich:
Arbeiten auf Papier
Künstler/in: Ernst Ludwig Kirchner
Reproduktion: Bildarchiv Buchheim Museum
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Beschreibung
Die Kuratorin Clelia Segieth hebt für diese Zeichnung im Katalogtext zur Ausstellung UNBEKANNTE SCHÄTZE AUS DER BUCHHEIM'SCHEN EXPRESSIONISTENSAMMLUNG besonders die fließenden und rund ausschwingenden Bleistiftlinien von Ernst Ludwig Kirchner in der Darstellung hervor. »Dabei reduziert er die bewegten Körper zu Kürzeln, komprimiert sie zu Hieroglyphen.« Mit ihrem Verweis auf die Nutzung von »Hieroglyphen«, bezieht sie sich auf eine Aussage des Malers, der diesen Begriff für sein Bildwerk einführt und damit eine Formensprache meint, die Naturformen des geistigen Auges aufgreift und durch Flächenandeutungen suggestiv verbildlicht.Die Schwierigkeit, die sich für ca. 70 Papierarbeiten von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Forschungsbestand und damit auch für »Clownsnummer« im Laufe des Projektes ergeben hatte, war es, den richtigen Erwerbungskontext durch Buchheim zu identifizieren und damit auch die werkrelevante Herkunft zu rekonstruieren. Dieses und mehrere andere Blätter aus dem Forschungsbestand haben gemeinsam, dass sie alle von Ernst Ludwig Kirchner stammen, undatiert sind, keine Herkunftshinweise wie Nachlass-Stempel aufweisen und entweder einen skizzenhaften Charakter haben oder wie dieses hier sichtbar aus einem Skizzenbuch herausgelöst wurden. Diese objektrelevanten Angaben verweisen auf den Ankauf von mindestens zwei Sammelnummern mit insgesamt ca. 130 Blättern von Ernst Ludwig Kirchner durch Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten im Auktionshaus Kornfeld & Klipstein, die die Recherchen in den in der Privatbibliothek der Eheleute Buchheim überlieferten Auktionskataloge belegen. Wir bedanken uns in diesem Zusammenhang herzlich für die kollegiale Unterstützung durch das Archiv Kornfeld, die uns Buchheims Erwerbung der Sammelnummer 635 in der Auktion 137 am 18.06.1970 »von 30 Blatt Zeichnungen und Skizzen« bestätigte, aber auch seinen Erwerb der Sammelnummer 543 in der Auktion 142 am 10.06.1971 »von ca. 100 Blatt Zeichnungen und Skizzen« . Dokumentationen zu dem genauen Inhalt der Sammelnummern gibt es im Archiv der Galerie Kornfeld nicht. Die jeweils leicht unterschiedlichen Losbeschreibungen haben aber eins gemeinsam: beide Sammelkonvolute stammen gemäß Katalogbeschreibung ehemals aus der Sammlung Lise Gujer aus Davos-Sertig, auch wenn sie nicht als solche durch einen Stempelabdruck gekennzeichnet wurden. Da uns aufgrund fehlender einzelwerkrelevanter Angaben zu den ca. 130 Papierarbeiten keine Werkidentifizierung möglich war, haben wir ausgehend von den Angaben in den Losbeschreibungen die Zeichnungen Kirchners ihrem Motiv, ihrer Darstellungsweise oder ihrer Größe nach einem oder alternativ beiden Erwerbungsmomenten und damit Sammelnummern zugeordnet. Da jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass Buchheim die eine oder andere Zeichnung Kirchners, die die erwähnten Charakteristika aufweist, in einem völlig anderen Kontext erworben hat, wurden die entsprechenden Provenienzangaben, wie auch bei dieser Zeichnung, mit einem »vermutlich« versehen.
Die Losbeschreibung von Nr. 635 aus der Auktion 137 korrespondiert aufgrund der Datierungsangabe, dass es sich um »30 Blatt Zeichnungen und Skizzen in versch. Techniken und leicht differierenden Formaten, meist etwa 25:20 cm. 30 Blatt Zeichnungen aus der Dresdner und Berliner Zeit mit zum Teil ausgeführten Blättern« , mit dem Entstehungsjahr von »Clownsnummer«, auch wenn sie im Format etwas kleiner ist, als das für die Sammelnummer dokumentierte. Wir haben sie daher diesem Erwerbungskonvolut zugeordnet, zumal sie auch zu einem unbekannten Zeitpunkt im Format beschnitten wurde. Selbst wenn Buchheim die Zeichnung nicht in der Auktion 137, sondern ein Jahr später in der Auktion 142 erworben haben sollte, bleibt die Herkunft und damit die Provenienzkette vor Erwerbungszeitpunkt identisch: Lise Gujer (1893–1967) erwirbt die Papierarbeit aus Künstlerbesitz oder aus dem Nachlass Kirchners. Zu der Entstehung der Sammlung Lise Gujer wurde eine separate Chronologie verfasst.
Aufgrund dessen, dass die Zuordnung dieser Papierarbeit zu dem geschilderten Erwerbungszeitpunkt ohne konkrete werkbezogene Primärquelle rekonstruiert wurde und somit im Ergebnis nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Herkunft eine andere als die vermutete ist, schließen die Recherchen, ohne dass die Provenienz für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 eindeutig geklärt werden konnte. Möglicherweise bestehen Provenienzlücken. Die Herkunft muss bei Gelegenheit weiter erforscht werden.
JL
24.09.2024
Beschriftungen
keine Aufschriften, Stempel oder EtikettenProvenienz
spät. 1946–1967: vmtl. Lise Gujer (1893–1967), Davos-Sertig, erworben aus Künstlerbesitz oder aus Nachlass Kirchner1967–18.06.1970: vmtl. Erben Gujer, Schweiz
18.06.1970: Kornfeld & Klipstein, Bern, Auktion 137, vmtl. Nr. 635 Teil von Sammelkonvolut (Werkzuordnung zum Konvolut ungesichert, aber aufgrund von Motiv wahrscheinlich), eingeliefert von vmtl. Erben Gujer
vmtl. 18.06.1970/spät. 2004–08.03.2014: Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) und Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing, erworben vmtl. Kornfeld & Klipstein, Bern, Auktion 137
seit 08.03.2014: Buchheim Stiftung, Feldafing/Bernried, erworben im Erbgang von Diethild Buchheim (1922–2014), Feldafing
JL
24.09.2024
Sammlung Lise Gujer
Sammlung Buchheim
Literatur
UNBEKANNTE SCHÄTZE AUS DER BUCHHEIM'SCHEN EXPRESSIONISTENSAMMLUNG, hrsg. v. Clelia Segieth, Ausst.-Kat. Buchheim Museum, Bernried (08.07–07.10.2012), Feldafing: Buchheim Verlag, 2012, Kat. Nr. 6, Abb. S. 35, Erw. S. 66AUKTION 137, MODERNE KUNST DES NEUNZEHNTEN UND ZWANZIGSTEN JAHRHUNDERTS. SAMMLUNG G.B.Z., H. VON H., L. K. UND WEITERE SAMMLUNGEN UND BESTÄNDE AUS VERSCHIEDENEN SCHWEIZERISCHEN UND AUSLÄNDISCHEN PRIVATSAMMLUNGEN, Kornfeld & Klipstein, Bern (17.–19.06.1970), Kat. Nr. vmtl. 635
Weitere Werke
- Grotesktanz, 1911/12
- Zwei Frauen im Bad, um 1909
- Stepptänzer, 1914
- Straße in Dresden, 1910
- Zwei Mädchen am Ofen, 1914
- Dresdner Landschaft, 1910
- Katzen, 1909/10
- Alte und junge Frau aus der Mappe »Deutsche Graphiker. Arno Holz zum sechzigsten Geburtstage gewidmet von deutschen Künstlern«; 1923, Blatt 12, 1921
- Tanzlokal, 1912
- An den Ringen, 1910/11