Sammlung Frédéric Bauer



Fotograf/Fotografin unbekannt; Archiv Künstlerverbund im Haus der Kunst München e.V.


Am 22.06.1883 kommt Frédéric Alfred Bauer in Straßburg zur Welt. Seine Mutter arbeitet in einem gemeinnützigen Krankenhaus, sein Vater ist Gymnasiallehrer. Nach dem Abitur 1901 in Mülhausen im Elsass studiert Bauer in Leipzig und Straßburg Medizin. Nachdem er 1907 die Approbation erhält, beginnt er seine Dissertation über die Beziehung zwischen Inosinsäure und Muskelpentose zu schreiben, die noch im gleichen Jahr publiziert wird. 1910 erhält Bauer seine Zulassung als Arzt in der Schweiz, wo er von 1915/16 bis 1920 Chefarzt an der Augenklinik und Santorium Guardaval in Davos Dorf ist. Nach einigen Jahren bei einer Krankenhausgesellschaft im Kanton Aargau übernimmt er 1924 die Nachfolge von Dr. Karl Turban als Chefarzt im Sanatorium Turban, genannt Parksanatorium, wo er bis 1951 tätig ist. Mit dem Eintritt in den Ruhestand verlegt er seinen Wohnsitz nach Etoy am Genfer See. Er verreist in den Folgejahren viel, u. a. nach Italien England, Frankreich, aber auch Indien. Bauer verstirbt am 16.03.1957 in Folge eines Hirnschlags auf Reisen in Bangalore.

Der Kunsthistoriker Roland Scotti, der intensiv zu Bauer, seiner Sammelleidenschaft von Werken des Künstlers Ernst Ludwig Kirchner (1865–1938) und ihrer Beziehung recherchiert hat, weist in seiner Publikation MAGAZIN V – FRÉDÉRIC BAUER außer auf die biografischen Eckdaten des Mediziners auf dessen »Liebe zur Musik, zur italienischen Renaissance, zur ostasiatischen Kunst und die innige Beziehung zu seiner Mutter Louise Lodemann (1849–unbekannt) hin, die ab 1924 bei ihm in Davos lebt. Letztere porträtiert Kirchner mehrfach. In der Sammlung des Buchheim Museums befindet sich eine »Porträtstudie (Frau Bauer)« von 1927 (Inv. 1.00257).

Der Schweizer Kunsthändler Eberhard W. Kornfeld (1923–2023) datiert den Erwerb eines ersten Kirchner-Gemäldes durch Bauer auf November 1922. Der bisher überlieferte Briefwechsel zwischen dem Arzt und dem Künstler beginnt zwar erst im Juni 1923, lässt aber aufgrund des freundschaftlichen Tones zwischen den beiden auf eine bereits bestehende Bekanntschaft schließen. Bauer erwirbt stetig neue Arbeiten vom Kirchner, bis seine Sammlung gemäß Scottis Recherchen »am Ende über 400 Werke, von der Skizze bis zur Skulptur und zum Gemälde, umfasste«, die er stets korrekt bezahlte und für die Kirchner ihm Quittungen oder schriftliche Bestätigungen schrieb. So trägt er den Großteil seiner Sammlung bis 1932 zusammen. In den Folgejahren ergänzte Bauer Lücken und tätigt Stützkäufe. Als er viele Jahre nach dem Tod Kirchners 1938 von Ludwig Grote (1893–1974), dem damaligen Direktor des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg mit der Ausstellungsidee angeschrieben wird, anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Museums eine retrospektive Kirchner-Ausstellung zu veranstalten, stimmt Bauer zu. Nicht zuletzt auch, weil er Verkaufsabsichten hegt.

In der Ausstellung ERNST LUDWIG KIRCHNER. GEMÄLDE UND GRAPHIK DER SAMMLUNG DR. F. BAUER, DAVOS die vom 25.10. bis 14.12.1952 im Haus der Kunst in München gezeigt wird, befinden sich 337 Exponate. Darunter sind auch 28 Gemälde. Der spätere Nachlassverwalter Kirchners, der Stuttgarter Auktionator Roman Nobert Ketterer (1911–2002), der an der Organisation der Ausstellung mit beteiligt ist, ist derjenige, der mit Bauer einen Vertrag über den etappenweisen Verkauf seiner Kirchner-Sammlung abschließt. In der 18. Auktion des Stuttgarter Kunstkabinetts vom 24.–26.11.1953 werden erste Werke aus der Sammlung Frédéric Bauer aus Davos versteigert. Weitere folgen auf der 19. Auktion vom 18.–20.05.1954. Dem derzeitigen Recherchestand nach stammen 10 der insgesamt 130 Papierarbeiten von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Sammlungsbestand des Buchheim Museums aus dem Voreigentum von Frédéric Bauer aus Davos.

JL

30.08.2023

Literatur

MAGAZIN V - DR. FRÉDÉRIC BAUER. BRIEFE VON ERNST LUDWIG KIRCHNER UND ERNA SCHILLING AN DR. FRÉDÉRIC BAUER, JUNI 1923 BIS MÄRZ 1939, hrsg. v. Hans Delfs, Roland Scotti, Davos: Kirchner Verein Davos, 2004

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